Diskussionsstoff aus den Amtsstuben

Leserbriefe … Wenn in Amtsstuben Pläne geschmiedet werden, die allzu offensichtlich an den Interessen der Bürger vorbeigehen, dann löst dies verständliche Kritik aus. Ebenso, wenn der Amtsschimmel allzu laut wiehert. Solche Beispiele lieferte in jüngster Zeit die Stadt Stuttgart. Das eine Beispiel heißt „Hauptradroute”, das andere „Beschilderungslehrgang”. Beides wurde im WILIH thematisiert. Das wiederum löste heftige Leser-Reaktionen aus. Hier anschließend zwei Leserbriefe – Stoff für weitere Diskussionen.

Nicht gegen die Bürger planen! (WILIH 30.11.2016, Seite 6)
Ideologie vor Sinnhaftigkeit und Pragmatismus

Die Überschrift „Nicht gegen die Bürger planen!” trifft genau den Nagel (oder soll man sagen das Ventil) auf den Kopf. Wenn man sieht, mit welcher Gleichgültigkeit und Ignoranz Verwaltung samt politisch „Verantwortlicher” (sind sie dies wirklich?) mit diesem Thema, gegen die deutliche Meinung von Anwohnern und Bezirksbeiräten, umgehen, so muss man sich nicht wundern, dass allseits die Politikverdrossenheit extrem ansteigt. Abgesehen von deutlich höheren Mehrkosten von circa zwei Millionen Euro für die Route Ulmer/Hedel­finger Straße sprechen viele weitere Gründe (siehe Argumentation Bezirksbeiräte) und, so sehen es auch die „normalen Bürger”, der gesunde Menschenverstand gegen diese Variante. Ebenso ist sie bezüglich Feinstaubbelastung kontraproduktiv! Und die Auswirkungen spüren nicht nur die betroffenen Radfahrer.

Auch in Sillenbuch wurde die „Hauptradroute” (HRR) seitens Gemeinderat und Verwaltung (namentlich Fahrradbeauftragter Claus Köhnlein) über die Köpfe der ortskundigen Bezirksbeiräte hinweg durchgedrückt. Es ist also deutlich erkennbar, dass hier Ideologie vor Sinnhaftigkeit und Pragmatismus mit aller Gewalt durchgesetzt wird. Es wäre sinnvoll, wenn der Fahrradbeauftragte die betroffenen Fahrradfahrer in die Entscheidungsfindung mit einbeziehen würde. Wird dann seitens der „Stadtverwaltenden” als Hauptargument „es muss eine HRR sein, koste es was es wolle” angeführt, so kann man nicht mehr von verantwortungsvollem und sinnvollem Umgang mit des Bürgers Steuergeldern reden.
Man kann nur hoffen, dass im Hinblick auf die kommenden Wahlen und der sich abzeichnenden Stärkung alternativer Ideen ein rechtzeitiges Umdenken der „Stadtverwaltenden” Platz greift und letztlich doch noch eine Entscheidung zu Gunsten der Bürgermeinung und somit Vernunft stattfinden wird.

Herbert Keck, Hedelfingen

 

Schildbürgerausbildung (WILIH 7.12.2016, Rundgeschaut, Seite 3)
Macht nur vollends alles kaputt!

Ein Sturm der Entrüstung bei Organisatoren und Ehrenamtlichen! Dem Amt für öffentliche Ordnung sind offensichtlich die Pferde durchgegangen: Schilderbeauftragte und Führungszeugnisse für Organisatoren – geht’s noch?

Es wird höchste Zeit, dass Ordnungsbürgermeister Martin Schairer und Amtsleiterin Dorothea Koller ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Amtes für öffentliche Ordnung genauer auf die Finger schauen. Auch der Gemeinderat ist gefordert, den Auswüchsen der Verwaltung Einhalt zu gebieten.

Anstatt Organisatoren und ehrenamtlich Engagierte zu piesacken, sollten eher städtische Mitarbeiter und im Auftrag des Tiefbauamtes tätige Baufirmen zu einem Schilderlehrgang verpflichtet werden. Die Verkehrsregelung z.B. während der Bautätigkeiten in der Gärtner-, Heumadener- und Fruchtstraße in Hedelfingen schrie und schreit gen Himmel. Baufirmen im Auftrag des Tiefbauamtes stellen abenteuerlich und gefährlich Verkehrsschilder auf. Einfahrtsverbote wurden und sind noch teilweise zugehängt, durch Schilder war und ist teilweise die Einbahnstraßenregelung noch heute unverändert, trotz Gegenverkehr. Am Hedelfinger Kreisel durfte die Einbahnstraße in die Heumadener Straße laut Beschilderung entgegen der Fahrtrichtung befahren werden, am Feuerwehrhaus war dann Schluss. Am Kreisel fehlte nämlich ein Sackgassenschild (VZ 357), wodurch über eine Woche lang zig Fahrzeuge gezwungen waren, wieder zu wenden. Ähnliches an der Gärtner- und Heumadener Straße. Auch die Brauhofstraße war tagelang in beiden Richtungen gesperrt, obwohl die Bautätigkeiten längst beendet waren. Eine Bauaufsicht bezüglich der Verkehrsregelung vonseiten des Tiefbauamtes oder des Amtes für öffentliche Ordnung: gleich null.

Würden Vereine bei Veranstaltungen so beschildern, wäre das Verkehrschaos vollkommen und das Fest gefährdet. Die Veranstalter richten sich nach dem Verkehrsregelplan der Ordnungsbehörde und benötigen keine Schilderbeauftragten! Laut Aussage des persönlichen Referenten des Ordnungsbürgermeisters, Hermann Karpf, ist dies auch nicht Pflicht, sondern nur hilfreich. Also können sich die Vereine die Kosten (320 Euro pro Person) getrost sparen.

Weiteres Ärgernis: Schon Monate vor den Veranstaltungen müssen Genehmigungsanträge im Amt eingereicht werden. Realität war schon des Öfteren, dass trotz rechtzeitigem Antrag die Genehmigung nur wenige Tage vor der Veranstaltung einging, so dass eine Reaktion auf mögliche Auflagen nicht mehr möglich gewesen wäre. Es gab aber auch schon Veranstaltungen, für die die Genehmigungen nach dem Fest eingingen.

Mit der Notwendigkeit eines polizeilichen Führungszeugnisses für Organisatoren von Veranstaltungen hat das Amt für öffentliche Ordnung jetzt den Bogen überspannt. „Macht nur alles vollends kaputt!” Ein Vereinsvorsitzender: „Wenn ich ein polizeiliches Führungszeugnis für unseren Weihnachtsmarkt benötige, ist dieser gestorben!”

Eigenartig: Außerhalb Stuttgarts gelten dieselben Regeln und Vorschriften wie in der Landeshauptstadt – oder? Außerhalb Stuttgarts hört man jedoch nichts von solchen Auswüchsen und Sanktionen. Da werden bei Veranstaltungen ganze Ortschaften für den Durchgangsverkehr gesperrt, der Wirtschaftskontrolldienst hat Wochenende, und alles funktioniert bestens. Nur in Stuttgart wird durch immer neue Vorschriften dem Ehrenamt in den Arsch getreten!!!

Es rumort also gewaltig bei den Ehrenamtlichen und Bürgervertretern, sprich Bezirksbeiräten, in vielen Stadtbezirken. In der gesamten Verwaltung, nicht nur im Amt für öffentliche Ordnung, sondern auch im Gemeinderat sollte man, so lange es noch nicht zu spät ist, Bürgernähe praktizieren und das allerorten hoch gepriesene Ehrenamt respektieren und unterstützen – es sei denn, Verwaltung und Gemeinderat wollen zum Totengräber allen ehrenamtlichen Engagements werden. Verantwortung für die Gemeinschaft zu übernehmen, ist derzeit nicht vergnügungssteuerpflichtig. Spaß macht es durch die andauernden Repressalien und Geringschätzungen durch Verwaltung und Gemeinderat schon lange nicht mehr!

Dieter Bohnacker, Hedelfingen

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