Die Optionen liegen auf dem Tisch

Er ist das Möbelstück der Stunde. Wahrscheinlich sogar des Jahresanfangs. Wenn nicht gar des Jahres 2022. Der Tisch. Vier Beine, Platte drauf, fertig. Ein paar Stühle drumherum: Schon muss man sich nicht mehr bücken beim Essen, beim Arbeiten, beim Verhandeln. Praktisch, bequem, bewährt. Doch ein Tisch kann noch mehr. Aktuell steht er im Mittelpunkt des internationalen Interesses. Weil Putin seine Truppen vor der ukrainischen Grenze versammelt hat, fragt sich die Welt, was das zu bedeuten hat und wie man darauf reagieren soll. Was meint beispielsweise unser Bundeskanzler Olaf Scholz? Das wird nicht so ganz klar. Klar ist aber, was er gefunden hat: Optionen. Und wo sind die? Sie liegen auf dem Tisch. SPD-Co-Chef Klingbeil wird nicht müde, dies zu wiederholen: Die Optionen liegen auf dem Tisch. Aber: Was passiert mit Ihnen? Kann man sie durchblättern, lesen, besprechen? Oder sind sie auf dem Tisch bloß zwischengelagert? Damit sie bei Bedarf schnell zur Hand sind? Aber in der Hoffnung, gar nicht gebraucht zu werden? Wer soll sie wann wieder wegräumen? Nicht bekannt ist auch, ob es sich um einen runden Tisch handelt, an dem – sprichwörtlich – in der Regel Verhandlungen stattfinden. Und wenn, dann ist hoffentlich das – ebenfalls sprichwörtliche – Tischtuch noch nicht zerschnitten. Denn danach besteht in aller Regel kaum noch Hoffnung, dass es zu einem Verhandlungserfolg kommen könnte, zu dessen anschließender Feier sich die zu Partnern gewordenen Kontrahenten unter den Tisch zu trinken versuchen – noch so eine Redensart rund um das scheinbar ewige Trendmöbel. Vielleicht wird es auch eine Verhandlung am grünen Tisch geben. Egal, ob rund, grün oder sonstwie: Stets stellt sich die Frage, wer darf wen anweisen „Solange Du Deine Füße unter meinen Tisch stellst, machst Du, was ich sage”? Ein Spruch aus einer anderen Epoche der Kindererziehung, der ein wenig aus der Zeit gefallen zu sein scheint – da sich heutzutage der Entzug des WLAN-Zugangs wohl wesentlich besser als Drohkulisse eignen dürfte. Aber zurück an den Tisch des Geschehens! Gut wäre es, jetzt endlich mal reinen Tisch zu machen. So, dass künftig niemand mehr in der Lage sein wird, den jeweils anderen über den Tisch zu ziehen. Damit ein für alle Mal die Kriegsgefahr vom Tisch ist. Und keiner mehr zwischen den Stühlen sitzen muss.

Rundgeschaut … Die wöchentliche WILIH-Kolumne