
Straßenlaternen aus – Insekten- vor Menschenschutz?
Stuttgart-Sillenbuch … In Stuttgart werden jetzt an einigen Stellen nachts die Straßenlaternen abgeschaltet. Hintergrund ist der Insektenschutz. Doch während das an einigen schwach frequentierten Straßen kaum auffallen mag, erscheint die lange Strecke zwischen Ruhbank und Sillenbuch problematisch. Dort ist der etwa eineinhalb Kilometer lange Geh- und Radweg zwischen Kirchheimer Straße und Wald jetzt nach Einbruch der Dunkelhelt stockfinster. Ein Sicherheitsrisiko für Fußgänger und Radfahrer? Wird der Insektenschutz hier etwa höher bewertet als der Menschenschutz? Was sagt die Stadt dazu?
Wo ist es jetzt nachts dunkel?
Am 11. September 2024 informierte die Stadt Stuttgart in einer Pressemeldung über das Abschalten von Straßenlaternen (hier). Im WILIH-Land sind davon folgende Strecken betroffen, an denen die Laternen vollständig abgeschaltet wurden:
- Jahnstraße zwischen Geroksruhe und Ortseingang Degerloch
- Frauenkopfstraße zwischen Stelle und Ortseingang Frauenkopf
- Kirchheimer Straße zwischen Ruhbank und Ortseingang Sillenbuch
- Waldebene Ost vollständig (inklusive Zufahrt Gebäude 20).
Zeitweise ausgeschaltet werden im beziehungsweise beim WILIH-Land laut städtischer Auskunft die Laternen an folgenden Straßen:
- Lederbergweg von Ortsausgang Hedelfingen bis Heumadener Straße (21.30 bis 6.30 Uhr aus)
- Haltestellen an der Jahnstraße (SSB-Programm: zwischen 2 und 4 Uhr aus)
- Im Bruckenschlegel/Nonnenwaldstraße ab Gebäude 32 bis zur Sportanlage (21.30 bis 6.30 Uhr aus)
- Nonnenwaldstraße von Obere Neue Halde bis Waldebene Ost (Sportbetrieb bis 22.30 Uhr).
Noch in der verwaltungsinternen Abstimmung und somit noch nicht entschieden ist nach Angabe der Stadt Stuttgart über den Abschnitt der Heumadener Straße vom Ortsausgang Hedelfingen bis zum Beginn der Bebauung am Lederberg.
Fußgänger mit Handy-Licht unterwegs – keine Fluchtmöglichkeit
Besonders bedenklich erscheint die Abschaltung entlang des Silberwaldes zwischen der Ruhbank und Sillenbuch. Dort verläuft ein etwa eineinhalb Kilometer langer kombinierter Geh- und Radweg unmittelbar am Wandrand. Daneben befindet sich die Kirchheimer Straße, die mit Tempo 60 befahren werden darf. Und daneben sind die Stadtbahngleise, die nach dem Tunnelausgang an der Sillenbucher Haltestelle Silberwald oberirdisch zwischen Straße und Spitalwald verlaufen.
Immer wieder sieht man nachts Fußgänger, die sich mit Hilfe einer Handy-App oder einer Taschenlampe den Fußweg ausleuchten. Denn ohne die Straßenbeleuchtung sieht man dort kaum die Hand vor Augen. Und nur mit moderner Lichtanlage ausgerüstete Fahrräder können dort für eine angemessene Fahrbahnbeleuchtung sorgen und Fußgänger rechtzeitig genug erkennbar werden lassen.
Das allein erscheint schon problematisch. Aber was passiert, wenn jemand stürzt oder einen Schwächeanfall hat? Die Chance, einem vorbeifahrenden Autofahrer aufzufallen, hat sich für Hilfsbedürftige deutlich verschlechtert. Gar nicht denken mag man an das Risiko, das Fußgänger und Radler eingehen, aus dem Wald heraus überfallen zu werden. Die Möglichkeit, sich bemerkbar zu machen, geht gegen Null. Erst recht, wenn ein Gauner seinem Opfer das Handy abgenommen haben sollte. Und: Fluchtmöglichkeiten bestehen eigentlich gar nicht. Bedrohte Fußgänger oder Radfahrer könnten allenfalls versuchen, über Straße und Stadtbahngleise hinweg in den gegenüberliegenden Spitalwald zu fliehen. Doch dort ist es genau so dunkel.
Die Stadt erkennt offenbar keine Gefahrenlage
Auf Anfrage von WILIH wiederholt die Stadt Stuttgart die Eingangspassage aus ihrer Pressemeldung vom 11. September, nach der die beteiligten Ämter sowie die Kommunale Kriminalprävention „eingehend geprüft” hätten, „welche Strecken außerorts beleuchtet werden müssen und wo die Straßenleuchten zeitweise oder komplett abgeschaltet werden können”. Die Stadt komme Vorgaben aus dem Naturschutzgesetz des Bundes sowie des Landes Baden-Württemberg nach und spare zudem Energie, heißt es. Und weiter: „Dabei wurde für jeden Streckenabschnitt betrachtet, ob begründete Gefahrenlagen vorliegen.”
Dies wurde demnach für die Kirchheimer Straße im Abschnitt zwischen Ruhbank und Sillenbuch verneint. Die Konsequenz laut Stadt: „Abschaltungen der Straßenbeleuchtung” seien dort „gemäß der rechtlichen Vorgaben möglich”. Möglich ja – aber auch sinnvoll im Sinne von bürgerfreundlich?
Was ist los im WILIH-Land? Den wöchentlichen WILIH-Newsletter kostenlos abonnieren und immer kompakt informiert sein! Einfach hier klicken und gleich anmelden, dann bekommen Sie einmal in der Woche die Themen der Woche frei Haus! Abbestellung jederzeit möglich!
Leben wir in einer Großstadt oder in einem einsamen Kuhdorf???
Fahrt mal im Winter nach Norwegen und kommt dann zurück nach Stuttgart: Gute Nacht!
Vermutlich muss erst mal wieder etwas passieren, um ein Umdenken zu veranlassen. Pardon: Erst wird wieder bedauert, dann diskutiert und vielleicht ändert sich was.
Es ist stets möglich, eine gegebene Möglichkeit nicht zu ermöglichen.