Corona-Crowding im Wohngebiet – Car2go nun Car2park?
Stuttgart-Riedenberg … Überall auf der Welt sind Vorfelder sowie Start- und Landebahnen von Flughäfen mit Passagierflugzeugen vollgeparkt. Grund: Die Corona-Krise hat den Reiseverkehr zum Erliegen gebracht. Flugzeuge sind jetzt Stehzeuge. Es gibt auch schon einen Begriff für dieses Phänomen: Corona-Crowding. Ein ähnliches Problem scheint ein Carsharing-Anbieter zu haben, dessen Mietautos derzeit kaum noch bewegt werden.
Angst vor Infektion?
Das Kundenpotential dürfte sich allein dadurch dezimiert haben, dass viele Menschen zu Hause bleiben und nun nicht einmal ein Auto für zwischendurch benötigen. Sehr wahrscheinlich ist auch die Sorge vor einer Ansteckung ein Hinderungsgrund. Denn wer weiß schon, wer vorher in dem Auto saß und ob derjenige auch alles penibel desinfiziert hat.
Jedenfalls stehen zur Zeit untypisch viele Car2go-Elektro-Smarts in Wohngebieten herum und werden tagelang nicht bewegt. Die Dauerparker des privaten Car Sharing-Unternehmens Share now belegen öffentliche Stellflächen am Straßenrand und städtische Parkplätze. Dabei ist der Parkdruck in Wohngebieten sowieso erhöht, weil viele Menschen ihr Auto zur Zeit selten nutzen. Wer einmal in der Woche zum Einkaufen fährt, muss nach seiner Rückkehr möglicherweise lange nach einem freien Platz suchen.
Geändertes Nutzerverhalten?
Was sagt der Anbieter dazu? Annika Schaich sieht „auch in Stuttgart eine sinkende Nachfrage nach unserem Service“. Wie bei Privatfahrzeugen seien „auch die Standzeiten unserer Fahrzeuge entsprechend länger“, räumt die Pressesprecherin von Car2go-Anbieter Share Now ein. Allerdings seien die Autos nicht „aus dem Verkehr gezogen“, sondern für die Kunden nutzbar. Die Sprecherin meint: „Viele unserer Kunden mieten die Fahrzeuge aktuell häufiger für mehrere Tage und stellen diese dann entsprechend vor ihren Wohnungen ab (wie ein privates Fahrzeug)“. Ein teurer Spaß bei Minutenpreisen ab 24 Cent beziehungsweise (reduziert) 19 Cent, die Car2go auf seiner Webseite aufruft. Man mag kaum glauben, dass sich jemand für mehrere hundert Euro tagelang einen Smart vors Haus stellt, ohne damit zu fahren. Gerät ausgerechnet in diesen Zeiten das Bild des sparsamen Schwaben ins Wanken?
Auf jeden Fall würden die Sharing-Cars „von einem speziell dafür beauftragten Dienstleister regelmäßig gereinigt und desinfiziert“, so Annika Schaich weiter. Die Autos würden derzeit häufiger als sonst desinfiziert, und die beauftragten Servicekräfte legten besonderes Ausgenmerk „auf die gründliche Desinfektion des Lenkrads und des Schalthebels“. Zudem folge man den Empfehlungen des Robert Koch Instituts, der Weltgesundheitsorganisation sowie der lokalen Behörden und sei darauf vorbereitet, weitere Maßnahmen umzusetzen, sollte dies notwendig werden.
Karfreitag kein Car-Freitag!
Am Tag nach der Beantwortung unserer Presseanfrage sind übrigens bis auf zwei alle Car2go Smarts aus dem Riedenberger Wohngebiet verschwunden, nach dem wir exemplarisch gefragt hatten. Das war der Karfreitag, an dem alle Nachrichtensender leere Autobahnen zeigten und berichteten, dass sich so wenige Menschen ans Steuer gesetzt hätten wie schon lange nicht mehr. Zufälle gibt es…
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