Die Telefonzelle hat Beine bekommen
Wer wundert sich heutzutage noch über Mitmenschen, die quasselnd durch die Gegend laufen. Nicht einmal der Hund, der permanent zehn Meter vor seinem Frauchen herläuft, stört sich daran. Vielleicht ist es ihm sogar ganz recht. Man sollte ihn mal fragen. Allerdings ist das Vor-sich-hin-Telefonieren beim Gassigehen eher die Ausnahme, wenn man der jüngsten Studie über die beliebtesten Freizeitaktivitäten der Deutschen glaubt. Denn danach sind wir zur Indoor-Gesellschaft geworden. Rechnet man noch die durch Corona stark zugenommenen Home Offices hinzu, dann dürfte sich auch ein ordentlicher Teil der Arbeitszeiten innerhalb der eigenen vier Wände abspielen. Regelmäßiges Stoßlüften ist also nach wie vor eine gute Idee. Dass 96 von hundert Befragten in ihrer Freizeit regelmäßig das Internet nutzen (die absolute Top-Freizeitaktivität), dürfte Sie, liebe WILIH-Leser, nicht überraschen – Sie tun es ja gerade selbst. 78 Prozent geben laut Freizeit-Monitor an, sich mit Computer, Laptop oder Tablet zu beschäftigen – womit wahrscheinlich nicht das Auseinandernehmen und anschließende Zusammenbasteln von Endgeräten gemeint ist. Daher dürften die Befragungsergebnisse nicht ganz überschneidungsfrei sein. Darauf deutet auch hin, dass 77 Prozent gerne mit dem Smartphone spielen, surfen oder chatten, 76 Prozent E-Mails lesen und schreiben, 68 Prozent Social Media nutzen, 54 Prozent streamen und 49 Prozent YouTube-Videos schauen. Und zwar indoor. Im Freien, also outdoor, spielen sich nur drei nachrangige Freizeitaktivitäten ab. Darunter ist, Sie ahnen es wahrscheinlich schon, in erster Linie mobil beziehungsweise unterwegs telefonieren vorn (55 Prozent aller Befragten). Die Telefonzelle, die nur noch die Älteren unter uns kennen, hat also Beine bekommen. Und wo telefonieren die Menschen „outdoor”? Sehr wahrscheinlich beim Spazierengehen (53 Prozent lieben dies als Freizeitbeschäftigung) oder beim Aufenthalt in der Natur (52 Prozent). Aber dann müssen sie schnell wieder heim: Fernsehen, Musik hören, Radio hören, Kaffee trinken und Kuchen essen. Nachdenklich stimmt: 69 Prozent der Befragten gehen in ihrer Freizeit angeblich ihren Gedanken nach. Was immer das zu bedeuten hat: Sie tun es zu Hause. Vielleicht sogar beim eher seltenen Backen oder Kochen. Und sage und schreibe jeweils 64 Prozent der Deutschen mag über wichtige Dinge reden beziehungsweise gemeinsame Zeit mit dem Partner verbringen. Beides lässt sich übrigens gut miteinander verbringen, sogar draußen. Nur mal so als Tipp. Wem das aber zu anstrengend ist, der faulenzt, frönt dem Nichtstun oder „chillt” (59 Prozent) – worin auch immer die Unterschiede bestehen mögen. Bis er oder sie so erschöpft ist, dass der Wunsch nach Ausschlafen überhand nimmt (bei 57 Prozent ein beliebter Freizeitwunsch). Auf dem vorletzten Platz der Hitliste von 3.000 repräsentativ befragten Personen ab 18 Jahren landet immerhin noch die Idee, etwas für die eigene Gesundheit zu tun. Sport kommt in der Studie übrigens nicht explizit vor. Wenn man mal von (vermutlich) Fußball in der Glotze, Gaming am Computer oder Pannen-Pech-und-Pleiten-Videos von schief gegangenen Turnübungen absieht. Aber in der guten alten Telefonzelle ließen sich ja auch nicht wirklich Kniebeugen machen. Dafür war sie einfach zu klein. Wer es trotzdem versuchte, dürfte im Nachhinein froh sein, dass es damals noch keine Smartphones gab. Sonst hätte nämlich bestimmt irgendein Zeitgenosse ein Handyvideo davon gemacht und es ins Netz gestellt.
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