Dr. plag. – Warum werden Plagiate so spät entdeckt?
Schon wieder steht ein Politiker aus einer vorderen Reihe unter Plagiatsverdacht. Martin Huber, der neue Generalsekretär der CSU soll bei seiner Doktorarbeit abgekupfert, schlampig zitiert oder wie auch immer nicht ganz sauber gearbeitet haben. Kann sein. Und wäre, wenn es so ist, nicht in Ordnung und müsste Konsequenzen haben. Aber: Warum werden Doktorarbeiten eigentlich immer erst dann auf mögliche Plagiate hin überprüft, wenn der Verfasser ein hohes politisches Amt übernimmt? In Doktorarbeiten sollte überhaupt nichts abgeschrieben sein. Punkt. Weder von späteren Spitzenpolitikern noch von sonst jemandem. Wissenschaftliche Arbeiten unterliegen strengen Regeln. So müssen fremde Gedanken sorgfältig zitiert werden. Wörtliche Zitate sowieso. Aber auch wenn auf Arbeiten beziehungsweise Äußerungen Anderer nur dem Sinn nach zurückgegriffen wird, ist dies durch ein Zitat kenntlich zu machen. In der Regel erkennt man dies durch ein „Vgl.” vor der Quelle – soll heißen: „Vergleiche … der und der…”. Dann wissen sowohl der Korrektor als auch der spätere geneigte Leser, woher der Verfasser seinen Gedanken hat. Kritisch wird es, wenn ein Doktorand fremdes Gedankengut nicht kennzeichnet. Dann entsteht nämlich der Eindruck, es sei seine eigene wissenschaftliche Leistung, darauf gekommen zu sein. Da mag es Passagen geben, die sich in einer gewissen Grauzone bewegen. Alle eigenen Gedanken so umfassend auf den Prüfstand zu stellen, dass völlig auszuschließen wäre, ebendiesen Gedanken nicht als Allererster auf der Welt gehabt zu haben, ist sicher unmöglich. Da ist in den Geisteswissenschaften, in denen schwerpunktmäßig mit Texten gearbeitet wird, wohl auch noch ein größerer Toleranzspielraum einzuräumen als bei naturwissenschaftlichen Arbeiten. So oder so: Eine Doktorarbeit sollte nicht nur äußerst sorgfältig erarbeitet und verfasst werden, auch an die Korrektur sollten allerhöchste Maßstäbe angelegt werden. Und wenn nicht auszuschließen ist, dass dabei der Doktorvater beziehungsweise die Prüfungskommission der betreffenden Universität geschlafen oder geschlampert hat, na, dann gehört eine Doktorarbeit halt noch durch irgendeinen Plagiats-Checker geschickt. Routinemäßig, bevor der Doktorhut verliehen wird. Und nicht erst Tage nach einer Ernennung oder Beförderung des Doktors. Das Ganze gilt für Doktorinnen natürlich genau so. Und für das Veröffentlichen von Büchern, die nicht zugleich Dissertation sind, sollte das ebenfalls eine Selbstverständlichkeit sein.
Rundgeschaut … Die wöchentliche WILIH-Kolumne