
Eichenhain: Wenn zu Lenkende sich nicht lenken lassen
Die Einladung des Regierungspräsidiums zur Eröffnung einer Besucherlenkung im Eichenhain hat überrascht: Nach vielen zum größten Teil erfolglosen Versuchen, die Einhaltung der Besuchsregeln, die in ihrer neuen Fassung seit 1994 gelten, für den Eichenhain durchzusetzen, erfolgt nun ein neuer Vorstoß. Das Regierungspräsidium setzt in Zusammenarbeit mit der Stadt Stuttgart auf eine moderne Kommunikation: Audioguide, Wegmarken mit Vignetten sowie Sprüche und QR-Codes auf gelben Bankbrettern. Aufklärung soll für Verhaltensänderungen sorgen. Klingt gut. Dann müssen aber alle mitmachen: Rundweg mit Audioguide ablaufen und QR-Codes scannen, um mehr zu erfahren, Wegmarken beachten und Wiesen nicht betreten, Hunde anleinen, nicht querfeldein gehen, nicht mountain- oder BMX-biken außerhalb des Hauptweges, Müll aufräumen, nicht lagern…
All das funktioniert schon heute nicht: Die Eingangsschilder, in naturfreundlichen Farben gehalten, weisen auf all das seit vielen Jahren hin, werden allerdings von einigen Nutzerinnen und Nutzern schon immer nur als freundliche Empfehlung angesehen. Die vor einiger Zeit zum Schutz vor Astbruch und zum Schutz von Hainbuchen-Schößlingen erstellten Zäune werden beschädigt oder umgangen, Hunde springen kreuz und quer – gerne auch mal abends ohne Aufsicht. Der Schäfer Tibor Wodetzky musste sogar von fünf bis zehn gerissenen Tieren pro Jahr berichten – ohne dass sich je ein Hundehalter dazu bekannt hätte.
Ja, es sind einige, die die ganzen Anstrengungen und Aufwendungen erforderlich machen. Viele halten sich ausschließlich auf den Wegen auf, erfreuen sich von dort an der besonderen, einzigartigen Natur und kämen nie auf die Idee, eine Wiese auch nur zu betreten, geschweige denn, Müll liegen zu lassen. Und dann sind da die anderen: Diejenigen, die ihren persönlichen Nutzen suchen. Die nicht bereit sind, ein bisschen aus ihrer Komfortzone zu kommen und sich wenigstens in diesem wirklich überschaubaren Areal von knapp 35 Hektar an die Regeln zu halten. Ob genau diejenigen, um die es geht, sich allerdings mit dem neuen Konzept und der Botschaft dahinter auseinandersetzen, das darf nach Jahren der Erfahrung bezweifelt werden.
Wenn dieser Versuch der Besucherlenkung, der eigentlich Besucherverhaltenslenkung heißen müsste, auch nicht funktioniert, dann wird man eines Tages nicht umhin können, alle gefährdeten Flächen einzuzäunen und dauerhaft beweiden zu lassen. Die Naturschutzbehörden deuten heute schon an, dass auch diese Möglichkeit ins Kalkül gezogen wird. Wobei: So schlimm wäre es letztlich für die Besucher, die sich an die Regeln halten, nicht: Die Wege blieben erhalten, die Tiere auf den Weiden bieten willkommene Unterhaltung. Und aus vielen Urlaubsregionen mit Viehweiden kennt man es ja: Man wandert auf Wegen zwischen den eingezäunten Wiesen und Weiden.
Aber noch ist es ja nicht so weit, noch können wir ja einlenken und uns lenken lassen. Denn wie heißt es auf einer Bank: Don’t call it „Park”. Call it „Naturschutzgebiet”.
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