Eigene Kirche für Christen aus Irak

Stuttgart-Rohracker … Die in und um Stuttgart lebenden chaldäischen Christen aus dem Irak bekommen eine eigene Kirche. Die Seelsorgeeinheit „St. Urban” stellt der Gemeinde „Mar Schimon Bar Sabai” ihre 2012 stillgelegte Pauluskirche an der Dürrbachstraße 81 in Rohracker zur Verfügung.

Zum Anwesen gehören Kindergarten und Gemeinderäume, die erst nach einer Zwischennutzung durch die Stadt von der chaldäischen Gemeinde bezogen werden können. Bis dahin kann die Gemeinde ihr bisheriges Gastdomizil in Botnang nutzen. Die Kosten der Übereignung der Pauluskirche an die chaldäische Gemeinde trägt die Diözese Rottenburg-Stuttgart.

„Wieder Heimat erleben”

Grund für die Entscheidung war der Bedarf der irakischen Christen an einem Gotteshaus, das sich für deren eigenständigen östlichen Ritus eignet. Der erste Gottesdienst im katholisch-chaldäischen Ritus in der Rohracker Pauluskirche stand bereits für den zweiten Adventssonntag (7. Dezember) auf dem Programm. „Ich freue mich, dass die chaldäischen Mitchristen in Stuttgart jetzt einen Ort bekommen, an dem sie als eine der ältesten christlichen Kirchen ihre Liturgie feiern und ihr Gemeindeleben gestalten können”, begrüßt Bischof Gebhard Fürst diese Entscheidung. Die Diözese wolle damit die zumeist aus dem Irak stammenden Christen darin unterstützen, nach den bitteren Erfahrungen von Verfolgung, Emigration und Entwurzelung hier wieder Heimat zu erleben und ihre Zukunft als eigenständige Kirche zu gestalten, betont der Bischof. Den Katholiken der Kirchengemeinde in Rohracker danke er für ihre Aufnahmebereitschaft. Er wünsche, dass sich die aus unterschiedlichen Kulturen und Traditionen stammenden Christen gegenseitig in ihrem Gemeindeleben befruchten und bereichern, so Bischof Fürst.

Die Chaldäisch-Katholische Kirche ist eine seit 1552 mit Rom unierte eigenständige Kirche, deren Wurzeln bis in die Anfänge des Christentums im Vorderen Orient zurü̈ck­rei­chen. Ihre liturgische Sprache ist Aramäisch, die Sprache Jesu. Ihr geistliches Oberhaupt mit dem Titel „Patriarch von Babylon” hat seinen Sitz in Bagdad. Von den rund zwei Millionen chaldäischen Christen leben heute nur noch etwa 400.000 in ihrem Ursprungsland Irak, große Teile dieser Kirche sind durch verschiedene Wellen der Verfolgung und Vertreibung besonders seit dem Machtantritt Saddam Husseins und den beiden Golfkriegen in alle Welt verstreut. Seit den Terrorangriffen des Islamischen Staates im Sommer 2014 sind hunderttausende Chaldäer als Vertriebene im nordirakischen Kurdistan untergekommen.

1.500 Mitglieder in Stuttgart

In der Diözese Rottenburg-Stuttgart leben rund 3.000 chaldäische Christen, allein die
Stuttgarter Gemeinde zählt rund 1.500 Mitglieder, mit steigender Tendenz. Pfarrer Sizar Happe, dessen Seelsorgegebiet bis Mainz reicht, ist nach eigenen Worten glücklich, dass seine Gemeinde einen Ort gefunden habe, der groß genug fü̈r die vielen Gottesdienstbesucher und geeignet für ein vitales Gemeindeleben ist. • pm/mk

Sie möchten in Zukunft immer sofort über neue Meldungen informiert sein? Dann abonnieren Sie diese Seite (linke Spalte, unter ePaper) und Sie werden immer via eMail benachrichtigt, sobald es „Neues aus dem WILIH-Land” zu berichten gibt. Kostet nix, macht schlauer.