Hedelfinger Platz – Staugefahr durch Kreisverkehr?

Stuttgart-Hedelfingen … Der Hedelfinger Platz leidet unter starkem Verkehr. Der heute ampelgeregelte Knotenpunkt soll in einen Kreisverkehr umgewandelt werden. Davon verspricht man sich einen entspannteren Verkehrsfluss und eine städtebauliche Aufwertung. Doch jetzt liegt ein Gutachten vor, in dem für den Berufsverkehr lange Rückstaus prognostiziert werden – vor allem abends. Profitieren würden hingegen Fußgänger und Radfahrer. Am 26. September 2023 war dies Thema in der öffentlichen Sitzung des Bezirksbeirats Hedelfingen.

Die Bezirksbeiräte fühlen sich an ähnlich dramatische Vorhersagen vor dem Bau des Dürrbachkreisels erinnert, die letztlich nicht eintrafen. Zudem könnte sich das Verkehrsverhalten bis zur Realisierung des Kreisverkehrs ändern und die Prognosen über den Haufen werfen. Deshalb möchte der Bezirksbeirat in Kürze noch einmal in Ruhe alle Pros und Contras abwägen.

Droht morgens und abends ein Verkehrskollaps?

Um besser beurteilen zu können, was ein Kreisverkehr am Hedelfinger Platz bringt, hat die Stadt eine „mikroskopische Verkehrssimulation” durchführen lassen. Dabei wird das Verkehrsgeschehen so detailliert betrachtet, dass auch Interaktionen zwischen den unterschiedlichen Verkehrsteilnehmern – im Hedelfinger Fall Busse, Fußgänger, Radfahrer und Autofahrer – Berücksichtigung finden. Die Bewegungen werden in Echtzeit modellhaft in einem Video dargestellt, so dass die Simulation anschaulich wird. Der städtische Verkehrsplaner Andreas Hemmerich und Jürgen Karajan (Foto) vom gleichnamigen Ingenieurbüro haben die Befunde in der September-Sitzung des Hedelfinger Bezirksbeirats vorgestellt.

Ausgegangen wurde von einer Folge von drei Kreisverkehren an den Otto-Hirsch-Brücken. Einer soll beim Imweg in Obertürkheim gebaut werden. Ein zweiter Kreisel ist am Mittelkai vorgesehen. Der dritte und größte Kreisverkehr soll am Hedelfinger Platz entstehen und die heutige Ampelkreuzung ersetzen. Untersucht wurden zwei Varianten – eine ohne und eine mit Vollanschluss der B10 bei Hedelfingen. Die Prognosen für einen Kreisel am Hedelfinger Platz basieren im Wesentlichen auf Verkehrszählungen aus dem Jahr 2020 und sagen für den morgendlichen Berufsverkehr zwischen 7.30 und 8.30 Uhr leichte sowie für die Rush Hour von 15.30 bis 19 Uhr starke Überlastungen voraus. Insbesondere von Heumaden zur B10 beziehungsweise nach Obertürkheim wäre mit Fahrtzeiten von bis zu einer halben Stunde zu rechnen. Die übrigen 19,5 Stunden am Tag wären unproblematisch.

Blick auf den Hedelfinger Platz, der zum Kreisverkehr werden soll
Der Hedelfinger Platz soll zum Kreisverkehr umgestaltet werden

Die Vorhersage ist auf den ersten Blick ernüchternd: Den Otto-Hirsch-Brücken, den B10-Rampen, der Hedelfinger Straße und der Rohrackerstraße sowie der Hedelfinger Filderauffahrt drohten „Überstauung”, wäre am Hedelfinger Platz ein Kreisverkehr. Ohne eine Pförtnerampel bei der Einmündung der Mannspergerstraße auf die Filderauffahrt und Drosselungen an den Otto-Hirsch-Brücken drohe ein Verkehrskollaps. Es sei mit weiträumigen Verkehrsverlagerungen zu rechnen. Betroffen wären neben dem motorisierten Individualverkehr auch die Buslinien 62 und 65. Für die Busse werden ein eigener Fahrstreifen auf der Rohrackerstraße sowie eine verbesserte Bevorrechtigung an der Mansperger Straße empfohlen. So weit die Gutachter.

Wie geht es jetzt weiter?

Im ersten Halbjahr 2024 soll die Vorplanung abgeschlossen und im Stuttgarter Gemeinderat ein Beschluss über das weitere Vorgehen gefasst werden. Zuvor möchte der Bezirksbeirat Hedelfingen noch einmal über die Prognosen diskutieren. Vielleicht sogar schon im November, sonst möglichst gleich zu Beginn des neuen Jahres. Verliefe alles nach Plan und wäre das Projekt finanzierbar, könnte ein Kreisverkehr am Hedelfinger Platz frühestens ab 2026/27 gebaut werden. Bislang war eine Fertigstellung nicht vor 2028 erwartet worden, jetzt war eher von 2030 die Rede.

Für einen Kreisverkehr sprächen vor allem eine mögliche Verbesserung der Aufenthaltsqualität sowie des Stadtbildes am Hedelfinger Platz sowie eine Reduzierung des Verkehrslärms. Und natürlich eine zu erwartende Entlastung durch den Entfall langer Ampelwartezeiten in fast 20 Stunden am Tag. Diese Argumente sind den Hedelfingern wichtig. Und: Sie rechnen auch mit einer weiteren Reduktion des Autoverkehrs zum Beispiel durch Tendenzen wie Vier-Tage-Woche und mehr Arbeit im Home Office. Die Autofahrer würden sich schon aus eigenem Interesse schnell anpassen und ihre Fahrten durch Hedelfingen genauer planen, erwartet man eine Entzerrung. Deshalb wird die Staugefahr eher gering eingeschätzt.

Beide Fahrspuren auf der Hedelfinger Straße müssen bleiben!

Zudem könnte der ehrgeizige Klimamobilitätsplan der Stadt Stuttgart, der eine Reduktion der verkehrsbedingten Emissionen um 40 Prozent bis 2030 zum Ziel hat (gegenüber 2010), für einen Kreisverkehr am Hedelfinger Platz sprechen. Doch auch wenn die städtischen Verkehrsplaner und der Bezirksbeirat hier scheinbar in einem Boot sitzen: Bis zu einer Lösung am Hedelfinger Platz müssten die beiden Fahrspuren auf der Hedelfinger Straße erhalten bleiben, forderte Bezirksbeirat Mario Graunke abschließend im Namen des gesamten Gremiums. Das sei den Hedelfingern für ihr Ja zur Hauptradroute 2 versprochen worden.


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