Jakob Bubenheimer – neuer Chef eines „kleinen Amtes”
Stuttgart-Wangen … Seit März ist Jakob Bubenheimer Bezirksvorsteher von Wangen. Wer ist dieser Mann? Wie versteht er sein Amt? Und welche Aufgaben erwarten ihn in seinem neuen Beruf als – wie er sich sieht – „Leiter eines kleinen Amts” in der Großstadt Stuttgart? Eine Zwischenbilanz nach den ersten hundert Tagen auf dem Chefsessel im Wangener Bezirksrathaus.
Mit seinem neuen Job hat Jakob Bubenheimer die Seite gewechselt. Bis zu seinem Amtsantritt in Wangen arbeitete er als Mitarbeiter einer kommunalen Beratungsgesellschaft und saß Bürgermeistern oder Amtsleitern gegenüber, um ihnen Ratschläge zu geben. Die muss er nun sich selber geben. Das professionelle Rüstzeug dafür hat er. Außerdem muss er das, was ihm wichtig und richtig erscheint, auch selber umsetzen. Oder zumindest den Anstoß dazu geben. In seinem vorherigen Beruf konnte er nach Abschluss eines Projektes und Präsentation seines Berichts nach Hause gehen – und hoffen, dass seine Vorschläge beim jeweiligen Amtsinhaber auf fruchtbaren Boden fallen.
„Viel Tagesgeschäft” und zweimal „super”
Dass dies nicht immer der Fall ist, darf einen Berater nicht frustrieren. Es ist Bestandteil seines Berufslebens. So wie jetzt „viel Tagesgeschäft” zu Bubenheimers Beruf gehört. Nichts Spektakuläres, Dinge, die zu erledigen sind. Der unprätentiöse Rathauschef hat damit aber kein Problem. Er versteht sich nämlich durch und durch als Dienstleister für die Wangener Bürger. Und als Koordinator der Aufgaben, die im Spannungsfeld von Stadtverwaltung und Kommunalpolitik tagtäglich auf den Tisch kommen. Dabei hat der neue Bezirksvorsteher die Unterstützung seiner „super venetzten Mitarbeiterinnen” und seiner „super Stellvertreterin” Renate Markgraf schon sehr zu schätzen gelernt. Jakob Bubenheimer lässt erkennen, auch wenn er es selber nicht so formuliert, dass er sich als Teamchef versteht. Kein Wunder, dass die Amtsübernahme von Vorgängerin Beate Dietrich zu Jakob Bubenheimer geräuschlos und harmonisch vonstatten ging.
Unterschiede zwischen den beiden gibt es aber. Abgesehen davon, dass nun wieder ein Mann auf dem Wangener Chefsessel sitzt – Frauen hatten sich übrigens gar nicht dafür beworben –, ist Bubenheimer im Gegensatz zu Dietrich kein Wangener. Wobei es keineswegs die Regel ist, dass ein Bezirksvorsteher im eigenen Stadtbezirk wohnt. Immerhin wohnt Jakob Bubenheimer seit Kurzem gemeinsam mit seiner Freundin, die schon etwas länger in Stuttgart arbeitet als er, in Stuttgart-Ost, einem Nachbarbezirk Wangens. Die kurze Distanz zwischen Wohn- und Arbeitsort legt der leidenschaftliche Radfahrer ebenso regelmäßig mit seinem Fahrrad zurück wie Dienstfahrten in die Stadt. Das Fahrrad sei für ihn ein ideales Verkehrsmittel, meint er. Genauer gesagt: die Fahrräder. Kürzlich hat Bubenheimer seinem Trekkingrad nämlich ein Rennrad zur Seite gestellt, wie er mit leuchtenden Augen berichtet. Als wolle er am liebsten gleich in die Pedale treten.
Ein klarer Rahmen steckt Möglichkeiten ab
Davon erzählt er allerdings erst nach kurzem Überlegen auf die Frage nach seinen Hobbies. Wie er überhaupt gerne nachdenkt, bevor er sich äußert. Was seinem Tempo aber keinen Abbruch tut. Bei ihm wirkt irgendwie alles dynamisch. Seine Auffassungsgabe, die Gestik, das Zitieren aus Aktennotizen, selbst wenn diese in schwer lesbarem Amtsdeutsch abgefasst sind, seine Reaktionsschnelligkeit bei Anfragen, seine Erledigungsquote. Man merkt dabei: Der Mann strukturiert sich und seine Aufgaben gern und stürmt nicht einfach mal drauf los. Dabei erscheint er alles andere als „hölzern” – was er, so wie er dieses Attribut einzusetzen pflegt, wohl als unangemessen und unangenehm für andere und für sich empfinden würde. Aber, davon scheint Jakob Bubenheimer zutiefst überzeugt: Ein klarer Rahmen schränkt nicht nur ein, sondern zeigt auch Raum für Möglichkeiten auf.
Wie er das meint, ließ sich bereits in den beiden bisher von ihm geleiteten Sitzungen des Wangener Bezirksbeirats erkennen. Exakt formulierte Tagesordnungspunkte und einleitende Hinweise auf die Geschäftsordnung mögen manchem erst einmal ungewohnt erscheinen. Was nicht heißt, dass es bislang in Wangen ungeordnet zuging – beileibe nicht, aber vielleicht oft ein wenig intuitiver. Eine gewisse Vorformulierung gebe ihm Sicherheit, gibt Jakob Bubenheimer zu. Augenzwinkernd ergänzt er, dass dies auch seiner Stellvertreterin Renate Markgraf beim Erstellen der Sitzungsprotokolle helfe. Und für seinen Bezirksbeirat – dessen zum Teil langjährige Erfahrung er als „hohen, hohen Schatz” bezeichnet – sieht er in der Geschäftsordnung durchaus noch Potential, um beispielsweise durch Anträge und Anfragen verstärkt Impulse zu setzen. Natürlich nicht im Sinne nerviger Arbeitsbeschaffung für die Fachämter der Stadt. Aber doch hin und wieder als Instrument, um Wünsche vorzubringen und ihrer Erfüllung Vorschub zu leisten.
„Keine Institution ist so demokratisch wie eine Kommune”
Als Sitzungsleiter sitzt Bubenheimer übrigens jetzt auch wieder auf der anderen Seite. Fünf Jahre im Ortschaftsrat seiner Heimatgemeinde Wasseralfingen haben den Sozialdemokraten nämlich das politische Handwerk von der Pike auf erlernen lassen. Seine Überzeugung: „Keine Institution ist so demokratisch wie eine Kommune”. Mit dem Ergebnis, dass er heute Kommunalpolitik als sein Hobby bezeichnet. Und dies spricht er – im Gegensatz zum Radfahren – ohne Bedenkzeit aus. Daher war es für ihn auch klar, dass er bei der Suche nach einer neuen beruflichen Herausforderung den Staatsanzeiger durchstöbert und nach offenen Stellen Ausschau hält, die mit Politik und Kommune zu tun haben. Dass er dabei eines Tages auf eine Stellenausschreibung der Stadt Stuttgart stieß, die eine(n) Nachfolger(in) für Beate Dietrich suchte, veranlasste ihn dann zu seiner ersten Bewerbung. Und wie das Leben manchmal so spielt, geht plötzlich alles ganz schnell. Jakob Bubenheimer konnte auf Anhieb die Wangener Bezirksbeiräte von sich überzeugen und marschierte danach als einziger Kandidat in die Abstimmung des Stuttgarter Gemeinderats, der ihn im am 2. Dezember 2021 zum neuen Wangener Bezirksvorsteher kürte.
Apropos „Bezirksvorsteher”: Auch wenn er das so nicht sagt, scheint Bubenheimer diesen Begriff als nicht mehr zeitgemäß zu empfinden. Man darf vermuten, dass er ihn sogar ein wenig „hölzern” findet. Seinem Selbstverständnis nach ist er eher ein Dienstleister für seine Einwohner und eine Stütze des Gemeinwesens. Die Rathausführung und die Organisation des Zusammenlebens der Menschen in Wangen versteht er als Managementaufgaben. Als „Bezirksvorsteher” sieht sich Jakob Bubenheimer in der Rolle desjenigen, der Prozesse anstößt und steuert. Nicht als jemand, der seine eigene Meinung durchzusetzen versucht. Der neue Wangener Rathauschef macht deutlich: Seine Aufgabe besteht darin, die Wangener Interessen bei der Stadt zu vertreten – aber auch die Stadtverwaltung und den Gemeinderat bei den Wangenern.
„Zwei Welten” und die „Megaaufgabe”, sie zusammenzuführen
Als gute Basis hierfür empfindet Jakob Bubenheimer das große ehrenamtliche Engagement Wangener Bürger. So würden viele und unterschiedliche Aufgaben übernommen, die ansonsten vielleicht unerledigt blieben. Das sei „wirklich toll” in Wangen. Und nicht selbstverständlich in einer Großstadt. Der neue Rathauschef hat in den ersten hundert Tagen in Wangen aber auch ein „Megathema” identifiziert, über das in der Vergangenheit eher nur hinter vorgehaltener Hand gesprochen wurde – die herausfordernde Sozialstruktur mit deutlichen Einkommensdifferenzen und vielen Kulturen. Neben der schwäbischen Kultur einerseits ist Wangen nämlich auch geprägt durch die Kulturen vieler Bürger ausländischer Herkunft und mit Migrationshintergrund. Diese „zwei Welten” zusammenzubringen und zusammenzuhalten in einer modernen Stadtgesellschaft mit dörflichem Charme, das sieht Bubenheimer als eine bleibende Zukunftsaufgabe auch für seine Amtszeit an. Getreu seinem Credo, dass der Aufbau und die Pflege von Beziehungen zentral sind für das menschliche Zusammenleben, glaubt er daran, dass dies gelingen wird.
Eine ganz andere Herausforderung dürfte die Digitalisierung zu bieten haben. Da hat die Stadtverwaltung nämlich noch einigen Nachholbedarf. So hält Jakob Bubenheimer einen zweiten Computerbildschirm an jedem Arbeitsplatz für unerlässlich. Dafür werde er aber noch kämpfen müssen, befürchtet er. Als Amtsleiter moderner Prägung arbeitet der 31-Jährige lieber online als mit Ordnern voller Schriftsätze. Und die Akten hinter seinem Schreibtisch seien „nur Dekoration”, scherzt er. Nun ja, nicht alle. Ältere Protokolle liegen nun mal nur in Papierform vor. Und auch da muss man halt manchmal noch reinschauen – als „Leiter eines kleinen Amts”.
Foto: Auch wenn auf dem Rathausschild noch Bezirksvorsteher„in” steht – Chef ist jetzt er, Jakob Bubenheimer.
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