Jung, männlich, besoffen

Gerne werden die neuen E-Scooter als Beitrag zu klimafreundlicher Mobilität gefeiert. Für die letzte Meile zwischen Haltestelle und Arbeitsplatz oder Wohnung ein ideales Verkehrsmittel. Der Strom kommt aus der Steckdose. Treten wird überflüssig. Zur Ertüchtigung der Muskulatur kann man ja zum Fitnessstudio rollern und dort auf dem ebenfalls strombetriebenen Laufband den Beinmuskeln alles abverlangen. Den E-Scooter wirft man am Ziel einfach mitten auf den Gehweg oder stellt ihn irgendwo in ein Blumenbeet. So hat der Sammler, der mit seinem dieselbetriebenen Kleinlaster nächtens ausrückt, um die für Freizeitbürger vorübergehend unbrauchbar gewordenen Mobilitätshilfen aufzulesen, die eine oder andere Abwechslung in seinem langweiligen Dasein. Das mag ihn davon ablenken, darüber zu sinnieren, ob am Ende der Nacht für ihn noch der Mindestlohn herausspringt. Der inzwischen körperertüchtigte Mobilitätsfan macht vom Fitnesstempel aus noch einen Abstecher in die Kneipe seines Vertrauens und gibt sich auch alkoholisch die Kante. Danach kann er natürlich nicht mehr geradeaus laufen. Also schnappt er sich an der nächsten Ecke wieder einen E-Scooter und (t)rollt sich auf den Heimweg. Pech für ihn, Glück für die Allgemeinheit, wenn er dann wegen „auffallend unsicherer Fahrweise“ der Polizei ins Netz geht. Was immer öfter geschieht. Das Profil verhaltensauffälliger E-Roller-Piloten ist nahezu immer dasselbe: jung, männlich, besoffen. Und nun auch E-mobil. E wie enthemmt.

Rundgeschaut … Die Seite 3 Kolumne aus dem WILIH … 9.10.2019