Mondlandung für Arme

2020 wird in die Geschichte eingehen als das Corona-Jahr. Gymnasiasten machen in diesem Jahr ein Corona-Abi. Viele Berufstätige lernen Homeoffice, Videokonferenzen und Homeschooling kennen – manche auch schätzen. Wir tragen Mund-Nase-Schutz, wenn auch nicht alle und immer über Mund und Nase, viele hängen ihn auch nur an den Rückspiegel – statt Duftbäumchen. Anstelle von Händeschütteln gibt es Ellenbogen-Checks mit coronabedingtem Sicherheitsabstand zum oder zur Nächsten. Wer ins Freibad gehen will, muss nicht nur schwimmen können – was vermutlich am Eingang gar nicht kontrolliert, sondern unterstellt wird. Im Corona-Jahr 2020 muss er oder sie zuerst mal ins Internet und ein sogenanntes E-Ticket lösen – als internetarisches Seepferdchen eine Prüfung der besonderen Art. Das Corona-Jahr 2020 bietet ein breites Spektrum an mehr oder weniger Erlebenswertem, von dem man später mal nachfolgenden Generationen erzählen kann. Vielleicht löst die eine oder andere Anekdote dann Kopfschütteln hervor. Denkbar wäre dies beispielsweise bei der Ankunft von 190 deutschen Touristen, die als Erste im Rahmen eines sogenannten Pilotversuchs – ein Begriff, der im Zusammenhang mit einer Flugreise für sich schon erzählenswert ist – am 15. Juni auf die Lieblingsinsel der Deutschen geflogen wurden und am Flughafen von Palma de Mallorca angeblich von 200 – man beachte das Verhältnis – Fotografen und Filmteams in Empfang genommen wurden. Wer dies aus heimischen Corona-Gefilden verfolgte, mag das wie eine Mondlandung für Arme empfunden haben. Aber in Corona-Zeiten sind selbst normale Ereignisse nicht unbedingt normal.

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