Rössle verkauft: Bald „Hotel plus“ für Wohnungslose

Stuttgart-Wangen … Die Küche im Wangener „Rössle“ ist laut Aushang nur noch abends in Betrieb. Dafür brodelt es in der Gerüchteküche. Grund: Das Traditionslokal mit Hotel wurde verkauft. Die spannende Frage nach dem Nachfolger wurde jetzt gegenüber dem Bezirksbeirat beantwortet: Es wird ein „Hotel plus” für Wohnungslose.

Hotel Restaurant Roessle Stuttgart-Wangen
Das Wangener „Rössle“ wird in Zukunft Wohnungslosen Unterkunft und Betreuung bieten.

Das „Rössle” sei verkauft worden, berichtete Beate Dietrich am 9. März in der öffentlichen Sitzung des Wangener Bezirksbeirates. Die Bezirksvorsteherin hatte das Thema auf die Tagesordnung genommen, um kursierenden Gerüchten entgegenzuwirken. Mehr noch: Sie hatte deshalb sogar die für den 16. März geplante Sitzung um eine Woche vorverlegt. So erfuhren Bezirksbeiräte und interessierte Bürger aus erster Hand, dass das Wangener Traditionshaus keine Zukunft als öffentliches Hotel-Restaurant hat. Ab Mai wird es zu einem „Hotel plus” für Wohnungslose umgebaut.

Hotel plus Betreuung

Erworben hat das Haus die Ambulante Hilfe Stuttgart. Der eingetragene Verein kümmert sich seit über 30 Jahren professionell um Menschen ohne Wohnsitz. Der Schwerpunkt liegt auf Beratung und Betreuung. In der Stuttgarter Innenstadt wird aber auch schon ein Sozialhotel betrieben, um Menschen, die weder eine Wohnung finden noch in irgendeiner Einrichtung unterzubringen sind, eine Unterkunft bieten zu können, das Hotel Weimar. Es mag als Vorbild für Wangen dienen. Oft handele es sich bei der Zielgruppe um Menschen mit Persönlichkeitsstörungen oder schweren Depressionen, erfuhren die Wangener Bezirksbeiräte. Größtenteils seien das alleinstehende Männer zwischen 35 und 55 Jahren, die den Halt verloren hätten und keinen Zugang zu den üblichen Hilfssystemen mehr fänden. Um sie wieder in unser System zurückfinden zu lassen, betreut sie die Ambulante Hilfe in Zusammenarbeit mit dem sozialpsychiatrischen Dienst. Die Betreuung ist das „Plus” des Hotels.

Im Wangener „Rössle” sollen vier Betreuer, verteilt auf zweieinhalb Stellen, tätig werden. Sie sollen die Bewohner tagsüber betreuen. Das jetzige Hotel wird ab Mai auf höchstens 15 Zimmer reduziert. Der Gaststättenbereich wird zum Gemeinschaftsraum umfunktioniert. Das heutige Nebenzimmer wird Büro. Für die Bewohner werden Küchen eingebaut, damit sie sich versorgen können. Drei Vertreter der Ambulanten Hilfe stellten nicht nur das Projekt vor, sie diskutierten mit den Bezirksbeiräten auch über Bedenken in der Bevölkerung.

Möglichst gut integrieren!

Zugegebenermaßen handele es sich um ein „ganz schwieriges Klientel”, hieß es. Aber gefährlich seien die Bewohner nicht, womöglich etwas „wunderlich”. Die meisten Angehörigen der Zielgruppe hätten eine persönliche Krise hinter sich, beispielsweise eine Trennung, den Tod eines Angehörigen oder einen Arbeitsunfall – und seien dadurch aus der Bahn geworfen worden. Viele von ihnen sähen aber nicht ein, dass sie an einer Krankheit litten. Solche Menschen gebe es schon jetzt in Wangen, stellte Bezirksvorsteherin Dietrich klar. Sie seien im Bezirksrathaus bekannt. Nur hätten sie bisher nicht betreut werden können. Dass sich über die Aufgabe der Traditionsgaststätte niemand freut, machten Bezirksbeiräte wie auch Dietrich deutlich. Zu ändern sei dies nicht, war allen klar. Deshalb solle man sich nun so gut wie möglich auf die Zukunft des „Rössle” vorbereiten und dazu beitragen, die neuen Bewohner gut zu integrieren. • mk

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