Einwohnerversammlung in Wangen – Wunsch nach Mitsprache wächst

Stuttgart-Wangen … Nach siebenjähriger Pause fand am 5. März in Wangen wieder eine Einwohnerversammlung statt. Vermutlich wäre es ein ruhiger Abend geworden, hätte die Stadtverwaltung nicht zwei Wochen vorher mit ihren Plänen zur Erweiterung des AWS-Betriebshofes an der Gingener Straße für Widerspruch gesorgt.

Auf die Minute pünktlich eröffnete Wangens Bezirksvorsteherin Beate Dietrich um 19 Uhr die Versammlung in der Turn- und Versammlungshalle. Neben ihr hatte mit Ausnahme des neuen Verwaltungsbürgermeisters Fabias Mayer die komplette Stuttgarter Rathausspitze Platz genommen (siehe Titelfoto oben). Zur Vorbereitung konnten die Bürger über das Internetportal stuttgart-meine-stadt.de Themenvorschläge einbringen und bewerten; eine Struktur hat dies der Versammlung nicht gegeben. Rund 300 Wangener füllten den Saal fast bis auf den letzten Platz; allerdings spiegelte die Besucherschar nicht annähernd den überdurchschnittlichen Migrantenanteil Wangens wieder.

Einwohnerversammlung Stuttgart Wangen Dietrich mit Kuhn
Beate Dietrich begrüßte OB Fritz Kuhn

Applaus für Dietrich-Lob

In seiner Einführungsrede widmete Fritz Kuhn nach einem Rückblick auf die Entwicklung Wangens der Flüchtlingsunterbringung überraschend breiten Raum. Weiter sagte der Oberbürgermeister, Wangen sei ein Stadtbezirk mit besonders guter Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr. Die Vollendung des Staibhöhenweges habe in der Verwaltung hohen Stellenwert, versprach er. Ebenso die Reduzierung von Wildwuchs auf der Wangener Höhe und ein Zurückdrängen der Vermüllung. Dem Stadtbezirk fehle ein Drogeriemarkt, sei ihm berichtet worden, meinte Kuhn weiter und sprach sich für einen Erhalt der Vor-Ort-Infrastruktur aus. Das beste Bürgerengagement sei es, vor Ort einzukaufen, appellierte er an die Wangener. Die Stadt versuche im Rahmen ihrer Möglichkeiten, die Einkaufssturuktur zu verbessern. Zur Lösung der nach seiner Wahrnehmung auch in Wangen großen Verkehrsprobleme empfahl der OB vor allem eine stärkere Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel.

Dann kam Kuhn zum Reizthema dieser Tage: „Wir brauchen die Erweiterung an der Gingener Straße für die AWS“. Die Schaffung von dringend benötigtem Wohnraum am bisherigen AWS-Standort an der Türlenstraße in Stuttgart-Mitte sollten auch die Wangener unterstützen. Der Rathaus­chef zeigte sich optimistisch, dass Mitarbeiterparkplätze auf dem AWS-Gelände geschaffen werden können – ein Hauptkritikpunkt der Wangener bei der bisherigen Planung. Und zum anderen Contra-Argument meinte Fritz Kuhn: Die Entwicklung der Wilhelmsschule – auch als Ganztagsschule – sei auch auf dem bisherigen Schulgelände möglich. Reizthema Nummer Zwei ist nach wie vor die geplante Hauptradroute zwischen Hedelfingen und dem Stuttgarter Osten. Der für einen generellen Ausbau des Radverkehrs werbende OB sagte zum laufenden Verfahren: Die Prüfung einer Alternativroute entlang der Nähterstraße sei noch nicht abgeschlossen; im Sommer solle eine Entscheidung fallen. „Wir prüfen genau.“ Zum Ausbau des Radverkehrs gebe es jedenfalls keine Alternativen. Die Stuttgarter Topographie will er nicht gelten lassen: Dieses Gegenargument falle mit Elektrorädern weg. Den größten Applaus erhielt Fritz Kuhn für sein Lob für Wangens Bezirksvorsteherin Beate Dietrich.

Parkplätze auf AWS-Gelände!

Dann startete die Diskussion. Wie erwartet, nahm die Kritik an den AWS-Betriebshof-Plänen breiten Raum ein; die Argumente sind spätestens seit den jüngsten beiden Bezirksbeiratssitzungen bekannt (WILIH 7.3.2018). Auf der Einwohnerversammlung machte die Rathausspitze ihre Position noch einmal deutlich, signalisierte aber immerhin: Die Wangener dürfen damit rechnen, dass Mitarbeiterparkplätze nicht vor, sondern auf dem AWS-Gelände geschaffen werden. Ausreichen werden sie aber wohl nicht – das Quartier muss also weiter mit Belastungen rechnen.

Weitere Themen waren Sitzbänke am Rennweg (Chance auf Realisierung: gut), ein Ausspracheabend über eine Verlängerung des Staibhöhenweges (bereits in Vorbereitung), eine neue Kindertagesstätte für 55 Kinder an der Jägerhalde 83 (Zusage: drei statt zwei geplanter Stellplätze für Erzieher/in­nen, aber Beibehaltung des kritisierten Standorts), schwierige Erreichbarkeit des Kornhasen (keine Chance auf Verbesserung), ein Zebrastreifen bei Rewe (Prüfung versprochen, Chance gering) sowie mehr Verkehrskontrollen und „Knöllchen“ für Falschparker (etwas wahrscheinlicher durch Einstellung zusätzlicher Vollzugsbeamten, aber wohl kaum in den besonders problematischen Abendstunden).

„Den Schuh zieh‘ ich mir an“

Ein Grundproblem brachte zum Schluss Ortschronist Martin Dolde aufs Tapet: Er kritisierte, dass der Bezirksbeirat zunehmend vor vollendete Tatsachen gestellt werde, und forderte die rechtzeitige und vollständige Information der Wangener Bevölkerung bei Themen, die für den Stadtbezirk wichtig sind. Scherzhaft mahnte Dolde: „Wenn es nicht besser wird, überlegen wir uns, ob wir uns nicht der Stadt Esslingen anschließen.“ Inwiefern diese Kritik auf der Bürgermeisterbank und in den Stuttgarter Amtsstuben fruchten wird, bleibt abzuwarten. Immerhin räumte OB Kuhn ein: „Bei der AWS hätte es etwas rechtzeitiger sein können. Den Schuh ziehe ich mir an.“

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