Freezing Point – Kunst unter null Grad Celsius
Stuttgart-Wangen … Kälte, Schnee und Eis sind faszinierende Naturphänomene, die die menschliche Phantasie anregen und Künstler sich damit auseinander setzen lässt. Die Galerie der Stadt Esslingen, die Villa Merkel, präsentiert noch bis 18. April eine Gruppenausstellung von acht zeitgenössischen Kunstschaffenden, die sich mit sehr unterschiedlichen Ansätzen mit dem Thema beschäftigen. Kulturfreunde der SportKultur Stuttgart haben die Ausstellung besichtigt.
Johannes Kaufmann vom Bereich Kommunikation der Galerie brachte den Kunstinteressierten der SportKultur die verschiedenen Intentionen und spannenden Ansätze der Künstlerinnen und Künstler während einer Führung versiert nahe.
Wissenschaftlichen Phänomenen nachempfunden sind viele Arbeiten des Berliners Carsten Nicolai. In einer laborartigen Installation entstehen winzige Schneekristalle. Ihre vollendete Ästhetik, ihre fragile Zerbrechlichkeit und ihre finale Vergänglichkeit stehen hier Vordergrund.
Die Britin Emma Stibbon begleitete 2014 eine wissenschaftliche Expedition in die Arktis. Aus ihren Eindrücken entstanden großformatige Aquarelle der größten Eiswände und Gletscher der Welt, die durch ihre schiere Anwesenheit zu beeindrucken wissen.
Die beiden Stuttgarter Valentino Biagio Berndt und Marlon Lanziner halten in einer eigens angefertigten Installation auf Bildträgern Schmelzprozesse von Eis fest. Farbige Algenstoffe, die im Klimawandel eine Rolle spielen, werden während der angeregten Schmelze sichtbar freigesetzt.
Die Enttäuschung, wenn Erwartungen fern der Realität sind, zeigt die Bildserie „Have you ever seen an Iceberg under the rain?“ von Anastasia Mityukova, die in Genf lebt und arbeitet. Die Eindrücke, die sie in der nördlichsten Stadt der Welt Qaanaaq fotografisch eingefangen hat, sind düster und trist, alles andere als nordisch, klar, sauber und hell.
Der Schweizer Fotograf Fridolin Walcher fängt seit Jahren Auswirkungen des Klimawandels auf die Gletscherwelt der Alpen mit seiner Kamera ein. In der ausgestellten Serie „Dünnheutig“ verkehren sich massive Eis- und Felsformationen – auf Japanpapier gedruckt – in feine verletzliche Abstraktionen.
Die Erfindung des Speiseeises thematisiert der österreichisch-chinesische Künstler Jun Yang. Aus im Erdreich vergrabenen Eisblöcken wurden Splitter abgeschabt, dann mit Sirup oder Früchten vermischt, am kaiserlichen Hof in Peking als erste Form von Speiseeis serviert. Der passende Versuch unter dem Titel „Das Eis des Kaisers von China“ ging leider daneben. Von dem im Park der Villa Merkel vergrabenen 1.000 Liter-Eisblock ist nach fünfmonatiger Lagerung nichts mehr übrig gewesen.
Den Kontrast zwischen dem freien, traditionellen Leben des Naturvolks der Sami zum modernen finnischen Staat präsentiert Filmemacherin Marja Helander in einem beindruckenden Kurzfilm mit dem Titel „Birds in the Earth“ von 2018. Zwei samische Ballettelevinnen tanzen sich in Look und Stil des klassischen Balletts, aber auch in samischer Tracht, durch die arktische Natur Finnlands und zeigen zu beeindruckender Musik in teils verschmitzten, teils nachdenklich, teils berührenden Szenen die Gegensätze zwischen Tradition und der vermeintlich besseren, modernen Gesellschaft.
Quelle und Foto (Norbert Klotz): SportKultur Stuttgart
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