Frische Todeszahlen

Seit fast einem Jahr beschäftigen wir uns täglich mit den neuesten Coronazahlen. Wir inventarisieren Neuinfektionen, 7-Tage-Inzidenz, R-Wert… Und Todesopfer. Täglich frische Zahlen, die zur Nachrichtenroutine geworden sind. Heute, am 13. Januar 2021, werden 1.060 neue Coronaopfer in Deutschland gemeldet. Insgesamt verzeichnete das Robert-Koch-Institut für Deutschland bis dato 42.637 Opfer der Corona-Pandemie, davon 5.758 in Baden-Württemberg. Was sagen uns diese Zahlen? Betroffenheit wird vor allem von zwei Faktoren bestimmt: Nähe und Ausmaß der Katastrophe. Man könnte auch sagen: Je spektakulärer, je mehr Schlagzeilen, je näher an der Einzigartigkeit, desto höher der Aufmerksamkeitsgrad und die Betroffenheit. Und je enger der Zusammenhang zwischen eigenem Wohn- oder Aufenthaltsort, Kenntnis des Katastrophengebiets oder Beziehung zu dort Lebenden ist, desto betroffener reagiert man. Zunächst. Denn sehr schnell setzt das Vergessen ein. Eine Folge unserer durch die Vielzahl von Ereignissen und die Rasanz ihrer Verbreitung ausgelösten „Schnelllebigkeit”. Insofern hat die Corona-Pandemie nichts Katastrophenartiges mehr. Sie gehört längst zu unserem Alltag dazu. Tausend Tote an einem Tag, nahezu 43.000 Tote insgesamt bisher in Deutschland, bald 6.000 verstorbene Baden-Württemberger. Viel oder wenig? Ein Versuch der Einordnung: Bei den Terroranschlägen am 11. September 2001 auf das World Trade Center in New York starben fast 3.000 Menschen. Der wohl aufsehenerregendste Terrorakt überhaupt. Die meisten Menschen wissen noch, wo sie sich aufhielten, als die Nachricht um die Welt ging. Schockstarre! Aber: Halb so viele Todesopfer wie durch Corona in Baden-Württemberg. Weniger als 300 Menschen fielen 2019 einem Flugzeugabsturz zum Opfer – weltweit. Rein statistisch betrachtet, sind  nur heute mehr als dreimal so viele Menschen allein in Deutschland Opfer von Covid-19 geworden. Das folgenschwerste Erdbeben des vergangenen Jahres – Ende Oktober in der Ägäis – kostete 119 Menschen das Leben. So viele wie momentan in nicht mal drei Stunden in Deutschland dem Coronavirus zum Opfer fallen. Durch das Erdbeben, das an den Küsten des Indischen Ozeans zu Weihnachten 2004 verheerende Tsunamis auslöste, sowie durch seine Folgen kamen etwa 230.000 Menschen ums Leben. Aktuell bilanzieren die Weltgesundheitsorganisation und die Johns Hopkins Universität knapp zwei Millionen Coronatote weltweit. Das sind mehr als acht Tsunamis! Wann begreifen wir endlich alle, welche Gefahr von diesem aggressiven Virus ausgeht? Dass es sich nicht mit uns arrangieren mag, sondern die Fähigkeit hat, uns zu vernichten. Es sei denn, wir erweisen uns als stärker.

Rundgeschaut … Die wöchentliche WILIH-Kolumne