Hochwassergefahr schiebt Bußbach-Renaturierung an

Stuttgart-Rohracker … Den Bußbach kennen die meisten als Bächlein, das – von Alt-Sillenbuch herabfließend – neben einem Spazierweg an der Waldkante parallel zur Rohrackerstraße verläuft. Doch Starkregen lässt das Rinnsal rasch zu einem reißenden Bach anwachsen. Schuld daran sei ein enge Wasserführung mit teilweiser Verdolung im unteren Bachlauf, meinen Experten. Jetzt gibt es einen Plan für die Renaturierung des Bußbachs. Am 18. Januar wurde ein Vorentwurf der Landschaftsarchitekten Wiedemann + Schweizer im Rahmen einer Videokonferenz dem Hedelfinger Bezirksbeirat vorgestellt. Die Stadt will das Projekt vorantreiben. Allerdings muss sie erst noch einige Grundeigentümer zum Verkauf ihrer Grundstücke bewegen.

Das Zauberwort heißt Aufweitung. Das Wasseraufkommen, das bei starkem Regen schnell anwächst, braucht vor allem in der Breite mehr Raum, um sich gut verteilen zu können. Dem kommt der jetzt vorgestellte Plan mit Überschwemmungsbereichen und Flutmulden entgegen. Die Idee trifft auf offene Ohren. Denn: Spätestens seit der Flutkatastrophe an Ahr und Erft im Sommer 2021 ist man auch hierzulande sensibilisiert für Hochwasserschutz. Dabei muss man in Rohracker gar nicht erst in Gedanken in die Ferne schweifen, denn die Gefahr liegt vor der Haustüre: Am 26. Juni 2020 ging der Bußbach über die Ufer und überschwemmte die Tennisplätze der SportKultur Stuttgart (ehemals SKV Rohracker). Doch nicht erst seit diesem Tag ist man sich im Stadtbezirk bewusst, dass vom Bußbach eine Gefahr ausgehen kann. Und weil der Bachlauf bis nach Hedelfingen führt, wollen es die Bezirksbeiräte nicht bei einer Renaturierung des unteren Bußbachs belassen. Sie machten deutlich, dass der Hochwasserschutz bachabwärts weitergehen muss.

Der jetzt von Wiedemann + Schweizer untersuchte Bereich erstreckt sich von der Fußgängerbrücke oberhalb der Tiefenbach-Einmündung bergab entlang der Bebauung südlich der Rohracker Kelter, vorbei am Evangelischen Gemeindehaus („Pavillon”), hinter dem Autohaus Wolf und der folgenden Bebauung entlang und weiter zwischen Aktivspielplatz („AKI”) und den dortigen Tennisplätzen der SportKultur (ehemals TV Hedelfingen) hindurch bis vor die ehemalige „Dürrbachklause” gegenüber dem Emma-Reichle-Heim.

Die Landschaftsplaner schlagen einen weiträumig aufgeweiteten Bachquerschnitt vor. Hangbereiche sollen durch Kokosfasermatten gesichert werden. Bachsohle und der Fuß der Böschung sind durch Natursteine zu sichern. Die Böschungen werden bepflanzt. So kann der Bach durch die Naturlandschaft mäandern. Die Fließgeschwindigkeit des Wassers wird reduziert. Bachbegleitend soll die Aufenthaltsqualität durch Sitzstufen und -bänke erhöht werden.

Und wann wird dies alles realisiert? Zunächst werden Untersuchungen und Berechnungen zur Wasserkraft durchgeführt. Parallel führt die Stadt Gespräche mit Eigentümern von Grundstücken, die sie für die Bachaufweitung erwerben möchte. Im Sommer soll es eine Anwohnerinformation geben. Und wenn alles gut läuft, könnte das Vorhaben für den nächsten Doppelhaushalt (2024/25) der Landeshauptstadt budgetiert werden. Ab Mitte des Jahrzehnts könnte dann gebaut werden. Hoffentlich bleiben Rohracker und Hedelfingen bis dahin von Hochwasser verschont.

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Ein Gedanke zu „Hochwassergefahr schiebt Bußbach-Renaturierung an

  • Die Renaturierung des Bußbaches ist zwar sicherlich etwas Schönes für die Landschaftsgestaltung, aber bringt nicht viel für den Hochwasserschutz. Sämtliche Hochwässer der letzten 45 Jahre hatten nämlich ihren Ursprung oberhalb der Tennisanlage des ehemaligen SKV. 1995 gab es die größte Überflutung. Da gab es allerdings das unterirdische Rückhaltebecken in Sillenbuch noch nicht. Da schossen die Wassermassen in einer zu engen Kurve über die zu niedrige Ufermauer oberhalb der Tennisanlage. Die Ursache für die Überschwemmungen in 2002 und 2020 waren nicht die Wassermassen (Wirkung des Rückhaltebeckens), sondern der ungepflegte Bachlauf. So lagen darin Baumstämme und eingestürzte Ufermauern. Diese wirkten wie kleine Staumauern. Eine Überschwemmung war die logische Folge. So lange also der Bachlauf oberhalb der Tennisanlage nicht in kürzeren Abständen (nicht nur alle 5 Jahre) kontrolliert und von Hindernissen befreit wird, wird es auch in Zukunft immer wieder zu Überschwemmungen kommen.

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