Rathausumbau: Chancen der Baustelle nutzen!

Stuttgart-Hedelfingen … Am Anfang hieß das Ziel lediglich: Barrierefreiheit! Über Jahre wurde gegrübelt und geplant, wie die Amtsstuben im Bezirksamt auch für Menschen mit Handicaps erreichbar werden können. Schnell war klar, dass dafür in das 110 Jahre alte Bezirksrathaus ein Aufzug eingebaut werden muss. Zuvor waren knifflige Denkmalschutzfragen zu beantworten. Dann kam noch die überfällige Fenstersanierung hinzu. Und inzwischen ist nahezu eine Generalsanierung daraus geworden. Am 30. Juni hatte Kai Freier die Fraktionssprecher seines Bezirksbeirates zu einem Rundgang über die Baustelle eingeladen.

Der Hedelfinger Bezirksvorsteher begleitet das Projekt mit großer Gelassenheit. Kein Wunder: Bevor er Amtsleiter in Hedelfingen wurde, arbeitete er im Gebäudemanagement der Stadt Stuttgart. Die Sanierung des Stuttgarter Rathauses war zu Beginn der 2000er Jahre sein größtes Projekt. Deshalb bringen ihn jetzt weder die Investitionssumme von rund 1,4 Millionen Euro aus der Ruhe noch der Anblick des inzwischen großteils ausgebeinten Rathauses oder die Tatsache, dass sein Team und er wohl noch bis Ende Januar 2021 im Interimsquartier am Hedelfinger Platz bleiben werden. Seit Ende Januar befinden sich die Dienststellen des Bezirksamts übergangsweise im Bürgerhaus Hedelfingen. Im laufenden Betrieb wäre die Rathaussanierung nicht möglich gewesen.

Im Mittelpunkt der Baustellenbesichtigung am 30. Juni – geführt von Architektin Ute Oehring – stand neben dem von der Rathausrückseite zugänglichen Aufzug der frühere Bürgersaal im obersten Stockwerk. Den nachträglich durch eine Trennwand zu Büroräumen umfunktionierten Saal möchten die Bezirksbeiräte gerne wiederherstellen lassen. Ein Antrag der CDU hatte den Impuls dazu gegeben. Vor Ort wurde schnell klar, dass jetzt – da das Rathaus von oben bis unten eine einzige Baustelle ist – die „historische Chance” (Kai Freier) besteht, dies zu realisieren. „Ich brauche den Saal nicht”, sagt Freier. Aber er weiß: Örtliche Vereine, die AWO für die Betreuung immer mehr Dementer und der Jugendtreff melden wachsenden Raumbedarf an, das Bürgerhaus platzt allmählich aus den Nähten. Deshalb unterstützt der Bezirksvorsteher die Idee seines Beirats.

Finanziell ist allerdings noch ein dickes Brett zu bohren: Auf gut 400.000 Euro einschließlich Baukosten wird der Finanzbedarf geschätzt. Doch was würde es kosten, wenn man den Bürgersaal jetzt nicht rekonstruiert und in einigen Jahren erneut das ganze Bezirksrathaus auf den Kopf stellt? Diese Frage wollen die Bezirksbeiräte gar nicht erst stellen. Sie bitten die Stadtverwaltung um eine Stellungnahme noch in diesem Monat und darum, dass der Antrag auf Baugenehmigung schnellstmöglich bearbeitet wird. Ute Oehring will jetzt schon so viel  wie möglich vorbereiten lassen.

Das Foto oben zeigt den Bezirksbeirat mit der Architektin im Trau- und Sitzungssaal im ersten Obergeschoss. Der Teppichboden ist entfernt, er wird durch Parkett ersetzt. Die lange Wand wird aus Gründen der Raumakustik mit einem textilen Behang versehen, der Kronleuchter auf LED umgerüstet, und die Fenster sollen mit Hilfe von Rollos von innen abgedunkelt werden können. Gleichzeitig entsteht dort eine Projektionsfläche für Präsentationen. Froh war Ute Oehring über den Wunsch des Bezirksbeirates, die histrorischen Heizkörper nicht wieder mit Holzverkleidungen zu umbauen.

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