Rundgeschaut 16.11.2016
Erwartungen geweckt
Der Wahlsieg von Donald Trump hat – wenn man den Schlagzeilen glaubt – überrascht. Wen? Und warum? Eine Überraschung mag gewesen sein, dass bei der Bewerbung um ein so hohes Amt jemand die Nase vorn haben kann, der permanent andere vor den Kopf stößt und sich ein ums andere Mal daneben benimmt. Ob wir im Wahlkampf einen authentischen Trump erlebt haben, oder ob der Pöbelkurs kühl kalkuliertes Mittel zum Zweck war, wird sich noch zeigen. Im Wahlkampf geht es eben darum, die Wahl zu gewinnen. Im Amt darum, das Land zu regieren. Im Wahlkampf war es das Ziel, die Kontrahentin zu überholen. Im Amt wird es die Aufgabe sein, die Wähler zufriedenzustellen. Und da ist es mit frechen Sprüchen ganz sicher nicht getan. Im Gegenteil: Je höher die Erwartungen, um so größer kann die Enttäuschung sein, wenn sie sich nicht erfüllen. Barack Obama mag in dieser Hinsicht eine Warnung sein. Das Tückische an Erwartungen: Sie basieren weniger auf Fakten als auf Gefühlen, auf Emotionen, auf Vertrauen. Aus Enttäuschungen wachsen Hoffnungen. Daraus Rahmenbedingungen für ein besseres Leben zu konstruieren, neue und bessere Chancen zu eröffnen sowie für einen fairen Ausgleich von Interessen zu sorgen, ist eher Pflicht als Kür. Dass die Amerikaner dies eher einem politischen Greenhorn als einer Berufspolitikerin zutrauen, mag unter Politikern und Politikbeobachtern eine Überraschung gewesen sein. Die Trump-Wähler verbinden damit eine klare Erwartung. Und wollen sich ganz bestimmt nicht vom Gegenteil überraschen lassen.