Tempo 30 überall – Modell oder Quatsch?

Die Landeshauptstadt Stuttgart soll – einem mehrheitlichen Beschluss des Gemeinderats zufolge – einem Bündnis von Städten beitreten, die innerhalb ihrer Stadtgrenzen allen Autofahrern eine Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h nahelegen wollen beziehungsweise sollen (Näheres hier). Nicht schlimm, sagen die einen. Schließlich gelte ja auf rund 70 Prozent der innerstädtischen Verkehrswege eh schon Tempo 30. Ganz schlimm, sagen die anderen. Denn dann müsse man ja auch auf Durchfahrtsstraßen schleichen. Und das halte unangemessen auf. Zudem würde man den Busverkehr verlangsamen, was ja nun gar nicht im Sinne einer Förderung des öffentlichen Nahverkehrs sein könne. Weiterhin ließe sich einwenden, die von Politikern über den grünen Klee gelobten Elektroautos, die ja momentan als das Mittel schlechthin gegen eine weitere Verschlimmerung der Klimakatatrophe gelten, würden dann ja gleich mit in einen Topf geworfen. Der Atraktivität ziemlich teurer E-Mobile plus Ladeeinrichtung könnte dies zuwiderlaufen. Noch dem Motto: Dann kann ich ja auch meinen alten Benziner oder Diesel weiterfahren. 30 schafft der allemal. Und ob das dem Klima wirklich so gut tut, mit höchstens 30 Klilometern pro Stunde durch die Stadt zu schleichen, wäre auch noch zu klären. Bereits jetzt gilt in vielen Bereichen Stuttgarts Tempo 40. Was mitunter zu erheblichem Mehrverbrauch führt. Es gibt nämlich noch eine Menge Autos, die bei dieser Geschwindigkeit einen erschreckend schlechten Wirkungsgrad haben. Zum Beispiel, weil ihr Automatikgetribe bei 40 km/h gerade noch nicht in die höhere Fahrstufe schaltet. Durchschnittsverbräuche von mehr als zwanzig Litern pro hundert Kilometern an Steigungsstrecken sind da keine Seltenheit. Auch unangepasste Ampelschaltungen, die zu vermehrten Standzeiten führen, tun der Umwelt bestimmt keinen Gefallen. Ein Schelm, wer Ideologie dahinter vermutet! Oder ein kommunales Interesse an Einnahmeverbesserung durch mehr Blitzer-Einnahmen an Radarfallen. Oder ein Interesse der Schilderhersteller, die immer mehr Tempo-Schilder aufstellen dürfen. Und wenn all‘ das nicht hilft, auch dem allerletzten Autofahrer das Autofahren in der Stadt zu vermiesen – was bekommen wir dann? Wie wär’s mit einem Vorwärtsfahrverbot? Wenn wir alle nur noch rückwärts durch die Stadt fahren dürften, dann würde das ganz bestimmt die Durchschnittsgeschwindigkeit deutlich senken. Außerdem wäre das eine gute Übung fürs Einparken, das dann im Laufe der Zeit wahrscheinlich leichter fiele und flotter vonstatten ginge. Orthopäden und Physiotherapeuten dürften jedoch frohlocken, denn so mancher Autofahrer käme wohl aus seiner Rückwärtsfahrhaltung ohne professionelle Hilfe gar nicht mehr heraus. Was für ein Quatsch? Ja, aber hätte man das vor kurzem über Tempo 30 überall nicht auch noch gedacht?

Rundgeschaut … Die wöchentliche WILIH-Kolumne

Ein Gedanke zu „Tempo 30 überall – Modell oder Quatsch?

  • Ich bin für 30 im Stadtgebiet generell. Und freie Abschnitte wie die B10 oder die Kirchheimer Straße können ja gesondert schneller erlauben. In Anbetracht der generell hohen Verkehrsdichte, der Ampel und Kreisverkehrhäufigkeit besteht doch null Möglichkeit irgendwelche Zeiten herauszufahren. Wer die fünf Minuten die das vielleicht kosten könnte nicht opfern kann, kann auch nie ein vorsichtiger Schnellfahrer sein.

Kommentare sind geschlossen.