Was passiert, wenn die nützlichen Idioten streiken?
Seit vielen, vielen Jahren ist es in Stuttgart guter Brauch, dass Bürger im Rahmen von sogenannten Let‘s putz-Aktionen ehrenamtlich ihre Stadtteile säubern. Es darf vermutet werden, dass die wenigsten der Mitmacher dabei ihren eigenen Dreck wegräumen. In der Regel werden Lastwagenladungen von Hinterlassenschaften zusammengetragen, die sich in Beeten, an Hausecken, in Grünanlagen oder auf Feldern im Laufe des Jahres angesammelt haben. Angesammelt ist dabei eigentlich nicht der richtige Begriff, denn hierbei handelt es sich keineswegs um Sammelstellen, sondern um illegale Müllabladungen. Dass bei solchen Aktionen auch Dinge gefunden werden, die in Format und Gewicht deutlich über weggeworfene Zigarettenstummel oder Trinkbecher (was auch nicht okay ist) hinausgehen, erstaunt dann doch selbst Menschen, die einiges gewohnt sind. Ein trauriger Höhepunkt dieser gesellschaftlichen Fehlentwicklung war jetzt im Stuttgarter Stadtteil Wangen zu besichtigen. Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr, die sich alljährlich in ihrer Freizeit an der örtlichen „Putzete” beteiligen, haben unter anderem Kaffeemaschinen, Mikrowellengeräte und sogar LKW-Reifen gefunden, vor der örtlichen Kelter abgelagert und abgelichtet. Die Lebensretter, deren Aufgabe es beileibe nicht ist, anderer Leute Müll einzusammeln und der Entsorgung zuzuführen, sind diesmal aber nicht einfach zur Tagesordnung übergegangen, sondern haben einen Weckruf öffentlich gemacht, der nachdenklich stimmt. Denn: Was passiert, wenn sich die Ehrenamtlichen irgendwann als nützliche Idioten in „Diensten” der immer egoistischer werdenden Work-Life-Balance-Gesellschaft empfinden und in Streik treten? Wer räumt dann hinter den Dreckmachern her? Und welche Folgen hätte es, wenn die Vollkaskomentalität noch weiter um sich greift? Müssen dann immer noch mehr Regeln her? Und immer noch höhere Strafen bei deren Missachtung? Oder immer höhere Gebühren für professionelle Dienstleister, die bei nachlassender Arbeitsbereitschaft immer weniger Leute finden, die bereit sind, für andere einen Finger krumm zu machen? Selber aber erwarten, dass alles hinter ihnen hergeräumt wird? Sozialisierte Probleme kommen irgendwann wie ein Bumerang zurück. Und wie es scheint, ist dieses Irgendwann nicht mehr weit weg.
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