Zäune im Eichenhain – Behördenstreit und Sabotage

Stuttgart-Riedenberg/Sillenbuch … Die Einzäunung von Wiesen im Eichenhain erregt die Gemüter wie selten ein Thema. An etlichen Stellen wurden die Zäune bereits durchtrennt. Protestnoten wütender Bürger mehren sich. Derweil schieben sich die zuständigen Behörden gegenseitig den Schwarzen Peter zu. Und teuer ist die Maßnahme auch noch. Eine Konfliktlösung ist nicht in Sicht. Wie soll das weitergehen?

Zaunstreit im Eichenhain
Sabotierter Zaun

Naturschutz contra Verkehrssicherungspflicht

WILIH hat zum Zaun-Streit im Eichenhain sowohl das Regierungspräsidium (RPS) als auch die Stadt Stuttgart befragt. Beide Behörden sind für das Naturschutzgebiet am Rande von Riedenberg und Sillenbuch zuständig – das RPS wacht über den Naturschutz, die Stadtverwaltung ist Eigentümerin des Grundstücks und für die Verkehrssicherheit im Eichenhain verantwortlich.

Und das ist aktuell die Crux. Das für die Verkehrssicherungspflicht zuständige Garten-, Friedhofs- und Forstamt (GFFA) der Stadt Stuttgart hat Baumkontrollen im Eichenhain durchführen lassen, bei denen „schwere Schäden an einem Teil der Bäume festgestellt” wurden, wie Oliver Hillinger auf Anfrage von WILIH berichtet. Betroffen seien 48 Bäume. Der städtische Pressesprecher weist insbesondere auf diagnostizierte „Astbruchgefahr” und „mangelnde Standfestigkeit” von Bäumen hin.

Entlang des Hauptweges seien zum Jahresende 2024 brüchige Äste „im Rahmen de Baumpflege entfernt” worden. Dafür hätte das Regierungspräsidium dem städtischen Amt eine Ausnahmegenehmigung erteilt, erklärt Hillinger. Nicht jedoch „für die anderen Bereiche des Eichenhains”. Somit sei die Stadt „leider gezwungen”, um die schadhaften Bäume, die mangels Ausnahmegenehmigung des Regierungspräsidiums nicht geschnitten werden dürften, einen Zaun zu errichten. Insgesamt sei eine Fläche von 1,6 Hektar mittels 1.200 Meter Zaun umspannt worden, berichtet Oliver Hillinger. Die Einzäunung habe 20.000 Euro gekostet. Bezahlt wurde sie aus dem Etat des GFFA.

Zaunstreit im Eichenhain
Zaundraht zur Seite gerollt

Stadt könnte Bäume schneiden – darf aber nicht

„Die Sicherheit der Besucher des Eichenhains im Umfeld der brüchigen Bäume” kann laut Stadt „durch einen schonenden Baumschnitt hergestellt werden”. Stadtsprecher Hillinger sieht die neuen Zäune daher nicht als Dauerlösung. Unter einer Voraussetzung: „Sollte die Baumpflege durch das RPS genehmigt werden, kann das GFFA die Einzäunung vollständig entfernen.”

Nach Aussage der Stadt ist die jetzige Umzäunung „bis zum Frühjahr genehmigt”. Das RPS spricht gegenüber WILIH vom 15. März 2025. Was passieren soll, wenn der Behördenstreit bis dahin nicht beigelegt und die kranken Bäume nicht geschnitten sind, bleibt offen.

Dirk Thürnau, Bürgermeister des Technischen Referates der Stadt Stuttgart, sagt dazu: „Bedauerlicherweise handelt es sich im vorliegenden Fall um einen klassischen Konflikt zwischen Naturschutz und Verkehrssicherungspflicht. Um diesen Zielkonflikt für die Spaziergängerinnen und Spaziergänger zufriedenstellend zu lösen, wird für die betreffenden Bäume eine Genehmigung des Regierungspräsidiums Stuttgart benötigt. Solange diese nicht vorliegt, muss aus Gründen der Sicherheit der Zaun weiterhin bestehen bleiben.“

Durchtrennter Zaundraht am Sperrgitter

Eine offene Frage ist, inwiefern die Verkehrssicherheit noch gewährleistet werden kann, nachdem an mehreren Stellen Zäune sabotiert wurden. Insbesondere an Zugängen zum Eichenhain, Wegen und Trampelpfaden wurden Zaundrähte durchtrennt und zur Seite gelegt. Ebenso im Umfeld von Sitzbänken, die umzäunt worden waren.

Kompetenzstreit auch bei Nachpflanzungen

Im Zusammenhang mit dem Zaunstreit wurden die beiden Behörden auch gefragt, ob die Nachpflanzung von Eichen im Eichenhain geplant sei. Schließlich wurde an zwei Stellen auch ein Baumtorso eingezäunt.

Auch hier gibt es keine Einigkeit. Während das RPS gegenüber WILIH mitteilt, das ihm „aktuelle Planungen von Nachpflanzungen … nicht bekannt” seien und dazu die Stadt Stuttgart zu befragen sei, sieht man das dort genau umgekehrt: „Die grünplanerische und naturschutzfachliche Entwicklung des Eichenhains erfolgt ausschließlich durch das Regierungspräsidium Stuttgart als zuständige Höhere Naturschutzbehörde.” Stadtsprecher Hillinger spielt den Ball zurück: „Neupflanzungen durch das RPS sind nach unserer Kenntnis nicht vorgesehen.”

Zaunstreit im Eichenhain
Gedicht eines Zaungegners

Ähnlich ist es bei der von Bürgern im Nachbarschaftsnetzwerk nebenan.de diskutierten Frage, ob beim Evangelischen Waldheim an der Eichenparkstraße ein Informationsbereich zum Naturschutzgebiet Eichenhain eingerichtet werden soll. Das RPS behauptet, der Stadt lägen „verschiedene Konzeptentwürfe” vor, darunter auch „Ideen zur Einrichtung eines Informationsbereichs”. Die Stadt hat nach eigener Aussage aber „keinen Infobereich an der fraglichen Stelle geplant”.

Naturschützer im Zweifel für dauerhafte Einzäunung

„Wir gehen davon aus, dass sich Besucher in einem Naturschutzgebiet vernünftigerweise an die Wege halten”, schreibt Wolf-Dietrch Paul in einer Stellungnahme, die der BUND Kreisverband Stuttgart zusammen mit NABU und Landesnaturschutzverband (LNV) gegenüber der höheren Naturschutzbehörde beim Regierungspräsidium Stuttgart abgegeben hat. Das Vorstandsmitglied des BUND Stuttgart fordert von den Eichenhain-Besuchern „erhöhte Eigenverantwortung”.

Und wenn das rechtlich sowie faktisch nicht durchsetzbar ist? „Alternativ käme als dauerhafte Lösung des Verkehrssicherungsproblems auf der Fläche nur eine Einzäunung des gesamten Bereichs zwischen den beiden Hauptwegen mittels eines dauerhaften Weidezauns in Frage”, teilt Paul mit. Für den BUND-Vorstand ist klar: „Diese Maßnahme würde gleichzeitig zur Erleichterung der Pflege durch Beweidung sowie zur Verbesserung des Erreichens des Schutzziels Magerrasen führen. Außerdem würde verhindert, dass Hunde und Spaziergänger die Flächen betreten und das Naturschutzgebiet entwerten.”


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