Gegner, Denker und Reifenwechsler

Zu Beginn der Corona-Pandemie – und mit Beginn ist hier der Beginn der Wahrnehmung der Pandemie gemeint – waren sie begehrt wie Toilettenpapier, jede und jeder wollte sie haben, so dass es kein Wunder war, dass sie alsbald knapp wurden und windige Geschäftemacher auf den Plan riefen, die sie für viel, sehr viel und schließlich immer mehr Geld feilboten, wodurch das exponentielle Wachstum ihrer Preise dem der Neuinfektionen folgte. Und nun, nachdem selbst Super-Sonderangebote in den Krabbeltheken der Discounter vor sich hin lagern und teuren Handelsplatz verstopfen, aber sich niemand traut, sie wegzuräumen, zumindest für ein paar Wochen, da begehren immer mehr Menschen gegen sie auf und verbringen ihretwegen den versäumten beziehungsweise ersparten Urlaub auf Demonstrationen, bei denen sie sich mitunter fantasievoll bis bescheuert verkleidet zeigen wie sonst kaum beim Karneval, der Fastnacht oder dem Fasching, vielleicht eine Ersatzhandlung, weil die nächste närrische Jahreszeit womöglich dem Virus zum Opfer fallen wird. Dabei haben sie eigentlich genau da ihre Heimat: Masken. Ginge es nach sogenannten Querdenkern, sollten sie nun fallen. Und zwar tiefer als selbst bei denen, die sie ohnehin fast den ganzen Tag nur am Kinn tragen, was allen Erkenntnissen der modernen Virologie widerspricht, denn niemand konnte bisher beweisen, dass die Kinnspitze von irgendjemandem ansteckend sein könnte, was im Übrigen auch für Ellenbogen und Autospiegel gilt, die ebenfalls gerne mit Masken der Marke Mund-Nasen-Schutz dekoriert werden. Wer also zur immer noch weit überwiegenden Mehrheit derer gehören möchte, die weder selbst diese verdammte Krankheit bekommen noch ihre Mitmenschen diesem Risiko aussetzen wollen, der gibt selbstbewusst den Längsdenker, der die Zukunft als das im Auge hat, was da noch kommen mag, und zieht sich das Ding nach oben und unten über Nase und Mund, wann und wo immer er oder sie einen eine gewisse Sicherheit bietenden Abstand zu anderen nicht dauerhaft halten kann. Klar: Absolut sicher ist man nie und nirgends. Nicht mal mit Winterreifen im Schnee. Und trotzdem wechseln Längsdenker bald wieder die Reifen. Querdenker wahrscheinlich auch.

Rundgeschaut … Die wöchentliche WILIH-Kolumne