Gewerbe in Heumaden-Süd – Hilferuf der Vergessenen

Stuttgart-Heumaden … Es ist ruhig geworden um das städtebauliche Entwicklungskonzept für Heumaden-Süd. Doch der Schein trügt. Die Gewerbetreibenden, die entlang des Schwarzäckerwegs Lager und Werkstätten haben, fühlen sich übergangen. Jetzt haben sie die Politik alarmiert.

Vielleicht waren die Handwerker, die in dem neu zu überplanenden Gebiet ansässig sind, bisher einfach zu zurückhaltend. Doch wenn dem so wäre, hat die Stadt Stuttgart dies nachhaltig geändert. Initialzündung für den jetzigen Hilferuf der örtlichen Gewerbetreibenden war ein Schreiben aus dem städtischen Liegenschaftsamt. Es datiert vom 25. Januar 2023 und erweckt den Eindruck, dass bereits Tatsachen geschaffen wurden.

Suchen Sie sich einen anderen Standort!

Unter Bezugnahme auf einen „Abschluss des Entwicklungskonzepts Heumaden (voraussichtlich Anfang 2023)” werden die ansässigen Gewerbetreibenden informiert, „dass die von Ihnen gepachteten/gemieteten Flächen … einer anderen Nutzung zugeführt werden sollen.” Zwar steht in Klammern dahinter, dass dies „frühestens in ca. 4-5 Jahren” zu erwarten ist. Doch der Auftrag an die Mieter der städtischen Gewerbeflächen lautet knapp und unmissverständlich: „Bitte planen Sie daher rechtzeitig eine Verlagerung Ihrer Nutzung.” Auf gut Deutsch: Suchen Sie sich einen anderen Standort!

Dass die Stadt Stuttgart so mit ortsansässigen Unternehmen umgeht, kann Thomas Schöpfer überhaupt nicht verstehen. Gemeinsam mit seinem Bruder Joachim leitet er das Heumadener Familienunternehmen Holzbau Schöpfer und ist seit vielen Jahren Hauptmieter eines Gewerbegrundstücks der Stadt an der Ecke Schwarzäckerweg/Paul-Grüninger-Weg. Neben seinem eigenen Unternehmen vertritt er die Interessen weiterer Gewerbetreibender aus dem Stadtbezirk Sillenbuch, die in dem fraglichen Gebiet mit Werkstätten und Lagerflächen vertreten sind. Auch wenn das nach außen nicht so auffallen mag: In dem Areal seien insgesamt 13 Unternehmen mit zusammen 55 Arbeitsplätzen betroffen, sagt Thomas Schöpfer. Außerdem würden Ausbildungsplätze tangiert, für die Werkstätten nötig seien. Thomas Schöpfer führt als Beispiel einen Azubi an, der sich gerade in seiner Werkstatt am Schwarzäckerweg auf die Gesellenprüfung vorbereitet, indem er eine Treppe baut.

Wirtschaftförderung einschalten – auch wenn die nicht helfen kann?

Besonders geärgert hat den Heumadener Holzbauunternehmer der Schlussabschnitt in dem Januar-Brief des Liegenschaftsamts. Für die Suche nach einem Ersatzstandort wird darin zwar die Kontaktaufnahme der städtischen Wirtschaftsförderung empfohlen. Doch schränkt die Stadt gleich ein, dass sie selber keine Gewerbefläche zur Verfügung hat. Deshalb könnten „aktuell leider keine Lösungsmöglichkeiten in Aussicht gestellt werden”.

Wozu dann überhaupt die Wirtschaftsförderer bemühen? Die Gebrüder Schöpfer schrieben deshalb am 26. März einen Brief an die „Gestaltungswilligen der Landeshauptstadt Stuttgart”. Von OB Nopper über den Stuttgarter Gemeinderat  bis hin zum Bezirksamt und Bezirksbeirat Sillenbuch erhielten alle mutmaßlichen Entscheidungsträger einen Hilferuf der von dem Entwicklungskonzept Heumaden-Süd betroffenen Gewerbetreibenden, die sich „vollkommen übergangen” fühlen.

Konsequenzen für Stadtsäckel und Kundschaft zu befürchten!

Schöpfer und Kollegen fragen sich, ob die Stadt ein Interesse daran haben könnte, dass die Gewerbeflächen verschwinden oder sie sogar ihre Betriebe aufgeben. Oder dass sich die betroffenen Handwerker in Doppelgaragen in Wohngebieten zurückziehen. Oder sogar ganz aus der Stadt Stuttgart verschwinden und in Umlandgemeinden umziehen. Mit negativen Folgen für das Stuttgarter Stadtsäckel, weil dann Miet- und Gewerbesteuereinnahmen verlorengingen.

Und auch mit Nachteilen für die Kundschaft im Stadtbezirk Sillenbuch, die dann länger auf Handwerker warten und mehr für An- und Abfahrt bezahlen müsste. Vom höheren Energieverbrauch und CO2-Ausstoß bei längeren Wegen ganz zu schweigen. Die Handwerker weisen insbesondere auf ihren Lagerbedarf hin. Der dürfte sogar noch zunehmen, wenn viele Altbauten künftig energetisch zu sanieren seien. Man denke nur an den Platzbedarf für Photovoltaik- oder Heizanlagen, argumentieren die Heumäder Lagerflächennutzer.

Hoffnung auf Unterstützung durch den Bezirksbeirat Sillenbuch

Einen ersten Hoffnungsschimmer gibt es nun im Vorfeld der Sitzung des Sillenbucher Bezirksbeirats am 19. Juli. Die Grünen-Fraktion des Bezirksbeirats und die Grünen-Betreuungsstadträtin Beate Schiener trafen sich am 12. Juli mit Gewerbetreibenden, Vertreterinnen des ebenfalls betroffenen Hundesportvereins sowie mit weiteren Bezirksbeiräten auf dem Gelände von Schöpfer und Kollegen (Foto: Schöpfer). CDU und FDP starteten etwa zur selben Zeit einen Antrag, der am 19. Juli auf der Tagesordnung der öffentlichen Sitzung des Sillenbucher Bezirksbeirats steht.

Man habe sich gewundert, dass die Gewerbetreibenden „als Anlieger nicht bei der Bürgerbeteiligung eingeladen und gehört wurden”, berichtet Susanne Rehm nach dem Ortstermin. Die Grünen-Bezirksbeirätin sieht darin „ein klares Versäumnis”. Die Bürgerbeteiligung will sie trotzdem nicht gänzlich in Frage stellen. Es gebe einige verwertbare Egebnisse, die ein gutes Fundament für die städtebauliche Weiterentwicklung von Heumaden-Süd bieten könnten, sagte sie im Gespräch mit WILIH. Allerdings, so Rehm weiter, müssten bislang „nicht gehörte Stimmen” unbedingt noch in den weiteren Planungsprozess einfließen.

Die Lokalpolitikerin hofft auf einen gemeinsamen Antrag aller Fraktionen des Sillenbucher Bezirksbeirats. Das sei das stärkstmögliche Signal, das der Stadtbezirk Sillenbuch an den Gemeinderat und die Stadtverwaltung geben könne. Auch Thomas Schöpfer hofft, dass jetzt neue Bewegung in die Planung kommt. Vielleicht sei der Hilferuf der Gewerbetreibenden ja gerade noch zu rechten Zeit gekommen.


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