Hedelfinger Einwohnerversammlung: Stadt hält an ihrer Radroute fest

Stuttgart-Hedelfingen … Eine Verlängerung der Linie 65 zum Flughafen scheint möglich. Ziel für den Steinenberg bleibt eine weiterführende Schule. Die Hauptradroute 2 soll wie geplant auf der Hedelfinger Straße geführt werden. Statt einer Filderauffahrt wird ein langer Tunnel favorisiert. Das sind wesentliche Erkenntnisse aus der Einwohnerversammlung.

Vor der Turn- und Versammlungshalle kredenzten die örtlichen Genossenschaften ihre Weine. In der nicht ganz voll besetzten Halle goss die Rathausspitze den Hedelfingern, die am 24. Juli zur Einwohnerversammlung gekommen waren, so manchen Tropfen Wasser in den Wein. Klare Aussagen waren Mangelware, der Themenleitfaden für die Diskussion ergab sich eher zufällig, viele Fragen wurden nur „mitgenommen”. In seiner halbstündigen Einführung nach der Begrüßung durch Bezirksvorsteher Kai Freier streifte Oberbürgermeister Fritz Kuhn aktuelle örtliche Themen wie die Buslinie 65, die Steinenbergschule, die Filderauffahrt oder die Sanierung von Weinbergmauern. Im Vordergrund sieht Kuhn in Stuttgart drei seiner Lieblingsthemen: Mangel an bezahlbarem Wohnraum, Verkehrsvermeidung und Verbesserung des Stadtklimas.

Filderauffahrt bleibt ein Dauerbrenner

Die eindeutigste Stellungnahme des Abends war ein Nein. Umweltbürgermeister Peter Pätzold nahm vorweg, dass die Stadt auf ihrer Hauptradroute 2 über die Hedelfinger Straße beharrt; der Gemeinderat hat über eine von Wangen und Hedelfingen ins Spiel gebrachte Alternativroute über die Nähterstraße noch nicht abschließend beraten. Hauptgrund für die Stadt, die eigene Planung für „die bessere” zu halten, ist eine kurzer Steigungsabschnitt an der Nähterstraße. Das kam nicht überall gut an. Ein Raunen ging auch durchs Publikum, als OB Kuhn der CDU vorwarf, in 50 Jahren keine Filderauffahrt zustandegebracht zu haben; deshalb dürfe man von den Grünen keine Lösung binnen fünf Jahren erwarten. In der Diskussion nahm Kuhn dies als „Polemik” später zurück. Er dürfte sich erinnert haben, dass Rot-Grün unter Kanzler Schröder die Umfahrung aus dem Bundesverkehrswegeplan gestrichen hat. Jetzt wünscht sich der Stuttgarter Rathauschef eine Aufnahme der favorisierten Langtunnelvariante von B10/14 zur Autobahn. Klärungsbedarf bestehe dazu aber noch im Zusammenhang mit den Gymnasiumsplänen in Sillenbuch.

Die zahlreichen Befürworter einer Verlängerung der Buslinie 65 zum Flughafen dürfen Hoffnung schöpfen: Der OB sieht zunehmende Bereitschaft der SSB; zuvor müsse die Busbeschleunigung zwischen Heumaden und Hedelfingen gelingen, wofür der Gemeinderat jetzt die Weichen gestellt hat. Allerdings sind dafür 2,3 Millionen zu verbauen, die im kommenden Doppelhaushalt der Stadt noch zu verankern sind. Realistisch sei eine Verlängerung deshalb vor Anfang 2019 kaum, meinte Technikbürgermeister Dirk Thürnau in der Diskussion.

Noch keine konkreten Aussagen zur Schule

Eine Gemeinschaftsschule am Steinenberg sei „erst mal gescheitert”, fasste der OB das jahrelange Tauziehen um die Zukunft der Hedelfinger Schule zusammen. Zum aktuellen Topthema des Stadtbezirks stellte er „schnelle” Bemühungen um eine „weiterführende Schule” in Aussicht, die in der Diskussion auch der Schulelternbeirat forderte. Schulbürgermeisterin Isabel Fezer wies darauf hin, dass ein Gymnasium vom Regierungspräsidium nur genehmigt werde, wenn dessen dauerhafte Dreizügigkeit nachgewiesen werden könne. Über konkrete Bedarfszahlen sprach Fezer nicht, etwas abstrakt war von „Kooperationen” und „Außenstellen” sowie „Gesprächen mit vielen Schulen in dieser Region” die Rede. Die Bürgermeisterin bat um Geduld. Bis zum Jahresende soll ein Konzept stehen, so das Ziel.

Ein Kreisverkehr am Hedelfinger Platz, über den immer lauter nachgedacht wird, poloarisiert; die einen reden von „Irrsinn”, andere ziehen ihn der jetzigen Kreuzung vor. „Tempo 30” auf der Heumadener Straße oberhalb des Waldheims und eine Geschwindigkeitsreduzierung auf der B10 sollen erwogen werden. Auch über Maßnahmen zur Entschärfung der bekannten Gefahrenstelle bei der Bushaltestelle Alosenweg will man sich vor Ort Gedanken machen. Anregungen zu stärkerer Begrünung von Gewerbebauten am Hafen und entlang der B10 fielen bei der Rathausspitze auf fruchtbaren Boden; Peter Pätzold kündigte eine „Grünsatzung” an. Und mit SportKultur Stuttgart sollen Gespräche über den Raumbedarf des Vereins geführt werden.

Frust im Ehrenamt wegen immer mehr Bürokratie

Den stärksten Applaus ernete gegen Schluss der Versammlung Michael Weber für seinen Beitrag über den Umgang der Stadt mit dem Ehrenamt. Der Vorsitzende des örtlichen Gewerbe- und Handelsvereins zeigte am Beispiel des verkaufsoffenen Hedelfinger „Knausbira-Sonntags” 2016 auf, wie immer mehr Bürokratie ehrenamtliche Veranstalter frustriert und an die Grenze ihrer Motivation bringt. Ordnungsbürgermeister Dr. Martin Schairer kanzelte Weber mit der Bemerkung ab, andere, „die ein Fest veranstalten, die kriegen das auch hin”. Das Publikum reagierte mit lauten Buhrufen. OB Kuhn rettete die Situation, indem er eine „detaillierte Prüfung” des Vorgangs versprach. Deren Ergebnisse dürfte die Ehrenamtlichen in ganz Stuttgart interessieren.

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