Kein Kinderkram

Advent, Advent, ein Türchen klemmt. Erst eins, dann zwei, bis … vierundzwanzig. Kaufalarm: Immer mehr Adventskalender füllen in Supermärkten die Regale und Displays. Und in den Online-Shops die Hitlisten. Vorbei die Zeit, in der man hinter einem Papptürchen ein buntes Bild bewunderte. In der Wirtschaftswunderzeit kam immerhin schon ein Stückchen Schokolade hinter jedes Türchen. Aber auch damit kann man heute niemanden mehr hinter dem Ofen hervorlocken – eine beliebte Metapher aus den Zeiten der bunten Bildchen hinterm Türchen. Advents­kalender sind auch längst kein Kinderkram mehr. Die Industrie konzentriert sich immer stärker auf Erwachsene. Inzwischen gibt es sogar Adventskalender für Hunde. Na ja, wohl eher für Hundebesitzer, die keine Kinder haben oder deren Sprösslinge aus dem Haus sind. Und die Erwachsenen selbst können sich für zum Teil horrendes Geld die ersten 24 Dezembertage wahlweise versüßen, verschönen oder verkürzen durch allerlei Habhaftes wie Kosmetika, Müsli, Tee oder vegane Riegel für Allergiker, Kurzgeschichten für Literaturliebhaber, Werkzeuge für den Heimwerker oder ultimative Fanartikel aus dem Shop des Lieblingsbundesligisten. Es muss auch niemand nach einem langen Winterabend ohne Rausch ins Bettchen fallen: Alkoholikahersteller haben nämlich den Adventskalendermarkt ebenfalls für sich entdeckt – und verstecken hinter Türchen Bier, Wein, Gin oder Whisky-Gebinde. Fehlt nur noch am Heiligabend die Einladung zum Stuhlkreis anonymer Alkoholiker. Hunde, die ihren Kalender leergefressen haben, dürfen mitgebracht werden.

Rundgeschaut … Die Seite 3 Kolumne aus dem WILIH … 6.11.2019