Kindertagesbetreuung: Wird die Stadt zur Konkurrenz?

Stuttgart-Hedelfingen … Der Bezirksbeirat Hedelfingen beschäftigte sich in seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause ausführlich mit der Kindertagesbetreuung im Stadtbezirk. Vertreterinnen des Jugendamtes beschrieben die Situation. Die Eltern-Kind-Gruppe Rohrspatzen aus Rohracker problematisiert die neuerdings zentrale Platzvergabe.

In den vergangenen zehn Jahren hat sich die Versorgung mit Kindertagesstätten bzw. -plätzen in Stuttgart deutlich verbessert. Speziell im Bezirk Hedelfingen (mit Lederberg und Rohracker) sogar besonders deutlich. Seit zwei Jahren vergibt das Jugendamt die Plätze zentral. Um sich einen garantierten Anschlussplatz für ihr Kind zu sichern, neigen daher wohl immer mehr Eltern zum frühzeitigen Wechsel an eine städtische Kindertagesstätte, bevor ihr Kind das dritte Lebensjahr vollendet. Dadurch gerieten private KiTas unter Konkurrenzdruck, sorgen sich Vertreterinnen der Rohrspatzen, die ihre bestens beleumundete Eltern-Kind-Gruppe in Gefahr sehen. Der Bezirksbeirat reagierte mit einem Prüfauftrag an die Stadt.

Unterstützung für Amtsantrag

Auf den gesamten Stadtbezirk bezogen herrsche bei der Ganztagesbetreuung Drei- bis Sechsjähriger sogar knapp eine Überversorgung, zeigte Christine Wagner anhand statistischer Daten auf. Die für die Oberen Neckarvororte zuständige Jugendhilfeplanerin sieht den Stadtbezirk insgesamt „im guten Bereich“. Dennoch: Nachholbedarf gebe es. Ausbaupotential sieht ihr Amt bei der privaten KiTa Himpelchen & Pimpelchen in Hedelfingen sowie durch die geplante Gründung des Waldkindergartens Naturstrolche in Rohracker. Für beide Einrichtungen sollen Haushaltsmittel beantragt werden. Dies unterstützt der Hedelfinger Bezirksbeirat.

Seit zwei Jahren leitet Katrin Schulze im Jugendamt der Stadt Stuttgart die Abteilung Zentrale Dienste für Familien. Sie ist zuständig für die noch recht junge Zentralvergabe von Betreungsplätzen und erläuterte den Hedelfinger Bezirksbeiräten die Vergabepraxis. Generell seien bis zum 15. Februar alle Kinder anzumelden, die ab September in die KiTa kommen sollen. Die Belegung erfolge permanent, Anfang April starte das Nachrückverfahren. Bedenkzeit hätten die Eltern bis zum 1. Mai. In der ersten August-Hälfte werde das Verfahren für zwei Wochen unterbrochen, um Eltern während der Ferienzeit keinen Stress zuzumuten. Kinder, die in einer städtischen Kleinkindeinrichtung („U 3“, bis drei Jahre) betreut würden, so Schulze, hätten ihren Platz in der folgenden Stufe („Ü 3“, drei bis sechs Jahre) sicher.

Garantie gefährdet Private

Diese Garantie, die die Stadt Stuttgart Eltern für die Folgebetreuung gibt, ist das Problem zum Beispiel für die Rohrspatzen, die in der ehemaligen Nudelfabrik an der Tiefenbachstraße 14 in Rohracker zehn Ein- bis Dreijährige von 7.30 bis 15.30 Uhr betreuen. Die als eigetragener Verein seit 1986 im Stadtteil tätige Eltern-Kind-Gruppe fungiert als Nachwuchsschmiede für den städtischen Kindergarten an der Tiefenbachstraße 70. Rohrspatzen-Kinder seien schon immer gerne aufgenommen worden, sagte Rohrspatzen-Schriftführerin Claudia Wolf augenzwinkernd. „Weil sie schon eingeübt sind.“ Doch aufgrund der neuen, zentralen Vergabe erwachse den Rohrspatzen nun Konkurrenz durch das städtische „U 3“-Angebot. Doch Claudia Wolf wirft die Flinte noch nicht ins Korn: „Wir wollen die Rohrspatzen erhalten!“ Dieser Appell kam bei den Bezirksbeiräten an. Sie fordern die Stadt auf, sich Gedanken über eine Gleichstellung von Rohrspatzen und „U 3“-Kindern aus der Tiefenbachstraße 70 zu machen. Außerdem solle eine weitere Gruppe für unter Dreijährge wegen des dort größeren Bedarfs eher im Stadtteil Hedelfingen als in Rohracker eingerichtet werden, regt der Beirat an.

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Foto oben: Die Eltern-Kind-Gruppe Rohrspatzen hat ihr Domizil in der früheren Nudelfabrik gegenüber der Feuerwehr in Rohracker.

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