Was nun, Hedelfingen – Jan Böhmermann anrufen?

Der Hedelfinger Waldheimverein und sein Vorsitzender Paul Wurm haben nun auch in der dritten Instanz ihren Zivilprozess verloren, der eine Unterbindung illegaler LKW-Fahrten durch Hedelfingen zum Ziel hatte. Das Urteil aus Karlsruhe ist nicht allein für die Kläger frustrierend. Es wirft auch Fragen auf, was generell von Schutzbestimmungen zu halten ist, wenn diese nicht befolgt werden (müssen). „Müssen” steht hier in Klammern, weil Rechtsnormen natürlich eingehalten werden „müssen”. Aber mitunter trotzdem ignoriert werden. Immer und immer wieder. Aber das sanktioniert niemand. Und so wird der Verstoß gegen eine vielleicht gut gemeinte Regel irgendwann als Gewohnheitsrecht missverstanden. Doch es gibt kein Recht im Unrecht. Allerdings, wie der verlorene Prozess durch drei Instanzen zeigt: Recht haben und sein Recht durchsetzen können sind mitunter zwei paar Stiefel. Will heißen: Wenn es eine Umweltzone gibt und Schwertransporte die nicht durchqueren dürfen, dann muss auch dafür gesorgt werden, dass kein Brummi, der in Hedelfingen nichts zu suchen hat, durch den Ort fährt. Auch wenn das in vielen Fällen der kürzeste Weg zwischen Hafen und Autobahn sein mag – dies darf keine Rolle spielen. Sonst ist die Umweltzone nur ein Feigenblatt – nach dem Motto: Wir tun alles für schön saubere Luft – schaut her, liebe Bürger, hier steht ein Schild, dass dicke Lastwagen nicht an Euren Häusern vorbeidonnern dürfen. Und wenn ein Anwohner oder ein Verein mit einem Kindergarten unmittelbar neben der Straße, über die ein Laster nach dem anderen rollt, nach Ansicht nun auch der Bundesrichter nicht berechtigt sind, gegen Verstöße vorzugehen – wer dann? Welchen Sinn ergäbe es, wenn zum Beispiel eine übergeordnete Umweltorganisation aus Irgendwo dazu berechtigt sein sollte? Abgesehen davon, dass in der Causa Hedelfingen bislang nicht geprüft ist, ob sich überhaupt irgendjemand legitimieren könnte, die Unterlassung nicht rechtmäßiger Containertransporte durch die Umweltzone zu verlangen. Somit bleibt eigentlich nur der offizielle Weg über die Behörden, die für die Umsetzung und dann eben auch Durchsetzung des Luftreinhalteplans zuständig sind. Hier kommen jetzt wieder Stadt und Regierungspräsidium Stuttgart sowie die Verkehrspolizei ins Spiel. Die erfreuen sich nämlich bislang an ihren Umweltzonenschildern und versuchen doch bei Bürgerprotest wortreich zu erklären, warum sogar ein noch darüber hinausgehendes LKW-Durchfahrtsverbot vor Hedelfingen eigentlich nichts zu bedeuten hat, und wenn, warum LKW-Kontrollen technisch sowieso nicht möglich sind oder am Personalmangel scheitern. Dass Anzeigen von Bürgern nicht verfolgt werden, weckt den Verdacht, dass man bei den Ordnungsbehörden seine Ruhe haben möchte. Was also sollen die Hedelfinger jetzt tun? Kopf in den Sand stecken? Gelbe Karten schreiben? Sitzblockaden organisieren? Oder vielleicht mal Jan Böhmermann anrufen? 

Rundgeschaut … Die wöchentliche WILIH-Kolumne

Ein Gedanke zu „Was nun, Hedelfingen – Jan Böhmermann anrufen?

  • Liebes WILIH-Team, mit der Kolumne liegt Ihr meines Erachtens voll daneben. Eine öffentlich-rechtliche Norm ist dann „einklagbar“, wenn sie einen individuellen Schutzbereich gibt. „Allgemeine“ Gebots- oder Verbotsnormen ohne Individualgüterschutz wie ein Durchfahrverbot, ein Parkverbot, eine Geschwindigkeitsbegrenzung oder die Pflicht, am Zebrastreifen stehenzubleiben, dürfen dagegen nicht von Privaten einklagbar sein. Sonst klagt bald jeder gegen alles und jeden – und zwar nicht nur im Verkehrsbereich. Eine ausufernde Prozesslawine wäre die Folge.

    Dass die Behörden bei der Kontrolle von Rechtsnormen leider oft genug versagen, kann und darf nicht Legitimation dafür sein, Privatleute zu „Hilfssheriffs“ mit dem Schwert der Zivilklage zu machen. Vielmehr muss den verantwortlichen Stellen und Kommunalpolitikern so „auf den Wecker“ gegangen werden, dass die Behörden nicht umhin kommen zu handeln, um das Recht durchzusetzen. Dass der jetzige Prozess (unter juristischen Gesichtspunkten erwartungsgemäß) so ausging wie er ausgegangen ist, ist juristisch und und praktisch dagegen richtig.

    Carsten Beuß

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