BGH zu LKW-Verbot – Anwohner haben kein Klagerecht

Stuttgart-Hedelfingen … Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 14. Juni die Revision des Hedelfinger Waldheimvereins sowie von Paul Wurm gegen die Urteile des Amtsgerichts Bad Cannstatt (hier) und des Landgerichts Stuttgart (hier) zurückgewiesen.

Beide Kläger hatten als Anwohner für sich eine Handhabe bei Verstößen gegen ein spezielles LKW-Durchfahrtsverbot von Hedelfingen gefordert. Ihr Argument: Gesundheitsschutz. Das sehen die Bundesrichter anders. Wer in einer Umweltzone wohnt, hat nach ihrer Beurteilung „unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt” einen eigenen Unterlassungsanspruch gegen LKW-Fahrer, die sich nicht an ein zu Zwecken der Luftreinhaltung angeordnetes Durchfahrtsverbot halten.

Die Pressemitteilung des BGH zu der Entscheidung finden Sie hier. Das BGH-Urteil findet dank einer dpa-Meldung auch überregionales Medienecho. So berichten am Urteilstag die Frankfurter Allgemeine Zeitung (hier), die WELT (hier) und die Süddeutsche Zeitung (hier) über das wegweisende Urteil aus Karlsruhe.

Was bedeutet das nun für Hedelfingen?

Was das BGH-Urteil für Hedelfingen bedeutet, bedarf der Aufarbeitung. Paul Wurm, der als Vorsitzender des Waldheimvereins Hedelfingen wie auch selber als Anlieger an der Hedelfinger Filderauffahrt geklagt hatte, hat die Urteilsverkündung in Karlsruhe live verfolgt. Das schriftliche Urteil liege ihm aber noch nicht vor, ließ er wissen.

In Karlsruhe sei es jetzt nur um die Rechtsfrage gegangen, schreibt Wurm, „ob ein (privater) Verein und/oder ein (normaler) Bürger (der an einer vielbefahrenen Straße wohnt) klageberechtigt ist, um per Unterlassungserklärung die verbotswidrige LKW-Durchfahrt zu unterbinden”. Einen individuellen Unterlassungsanspruch gibt es nach dem heutigen BGH-Urteil nicht. Vielmehr sehen die obersten deutschen Zivilrichter die Kläger als Teil der vom Durchfahrtsverbot zu schützenden „Allgemeinheit”. Wurms Stuttgarter Rechtsanwalt Roland Kugler bezeichnete das Karlsruher Urteil in einer ersten Reaktion als „Enttäuschung”, weil es nicht die erhoffte Stärkung des Individualrechtsschutzes der Bürger erbracht habe.

Kritisch dürfte man in Hedelfingen die Sichtweise des BGH betrachten, dass „das Lkw-Durchfahrtsverbot nicht für bestimmte Straßen zur Reduzierung der die dortigen Anlieger beeinträchtigenden Schadstoffkonzentrationen, sondern grundsätzlich für das gesamte Stadtgebiet angeordnet” wurde, „um allgemein die Luftqualität zu verbessern und der Überschreitung von Immissionsgrenzwerten entgegenzuwirken”. Denn, so die Argumentation der Hedelfinger Kläger von Beginn an: An den Otto-Hirsch-Brücken steht ein zusätzliches Schild, das speziell die LKW-Durchfahrt Hedelfingens verbiete.

Und was wird die Stadt Stuttgart tun?

Offen ist weiterhin die Frage, ob mangels eines Unterlassungsanspruchs einzelner Betroffener die Stadt Stuttgart die Möglichkeit hat, das LKW-Durchfahrtsverbot durchzusetzen. Und wenn ja, wie sie renitente LKW-Fahrer und Spediteure zwingen kann, nicht durch Hedelfingen zu fahren, wenn sie dies nicht ausnahmsweise als „Lieferverkehr” dürfen.

Ganz am Anfang seiner Bemühungen hatte sich Paul Wurm auf diesen naheliegenden Weg begeben. Anhand von Fotodokumenten wies er auf unzählige Containertransporte durch Hedelfingen hin. Bei der Polizei, der städtischen Bußgeldstelle, dem Ordnungs- und Oberbürgermeister biss er aber stets auf Granit. Paul Wurm beklagt bis heute eine „Verweigerung aller Ämter und Verantwortlichen in Stuttgart”.

Die zentrale Frage ist nun: Könnte die Stadt Stuttgart etwa von einem Verwaltungsgericht gezwungen werden, ihr LKW-Durchfahrtsverbot zum Schutz der Allgemeinheit durchzusetzen und Verstöße zu sanktionieren? Oder gibt es vielleicht eine politische Initiative, die auf eine Verbesserung der Luftqualität in Hedelfingen zielt?

Foto oben: BGH/Joe Miletzki

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