Brückentage im Gemeinderat: Was bekommt Hedelfingen?

Stuttgart-Hedelfingen … Die Stuttgarter Stadtplaner wehren sich gegen den jetzt noch einmal bekräftigten Hedelfinger Wunsch, beim Hafen-Süd die B10 an die Einödstraße anzuschließen. Das sei zu teuer, dauere zu lange, und bei der Stadt habe man nicht genügend Kapazitäten dafür, hieß es am 16. März bei einer erneuten Diskussion über das Thema im Bezirksbeirat. Die Stadt favorisiert nach wie vor den Ersatz der nicht mehr zu reparierenden Hedelfinger Brücke.

Der Baubeschluss dafür soll nun endlich gefasst werden. Oder auch nicht? Oder anders? Auch nach der jüngsten Hedelfinger Bezirksbeiratssitzung sowie einem Ortstermin am Freitagnachmittag ist der Ausgang offen. Für Dienstag und Mittwoch der kommenden Woche steht das Thema derzeit auf der Tagesordnung zweier Ausschüsse und für Donnerstag in der Vollversammlung des Stuttgarter Gemeinderates.

Unstreitig ist, dass der Stahlüberbau der aus dem Jahr 1970 stammenden und 1980 nach Hedelfingen umgesiedelten Brücke, die direkt neben dem Betriebsgelände von Elektro Eifler über die B10 führt, marode ist. Sie bricht zwar noch nicht zusammen, aber das Risiko, dass Teile aus der Unterkonstruktion auf die B10 fallen können, ist nicht zu leugnen. Deshalb und weil Fördermittel von 712.000 Euro winken, hat man bei der Stadt Stuttgart einen Ersatz des mittleren Brückenteils geplant. Die auf eine höhere Belastung ausgelegten Widerlager können nach Betonsanierung weiterverwendet werden. Kostenpunkt: 4,028 Millionen Euro. Die Mittel sind im laufenden Stadthaushalt bereitgestellt. Bauzeit: 12 Monate. Geplanter Start: August 2021.

Würde die Brücke nicht ersetzt und im Unterbau lockert sich etwas, müsste sie wohl aus Sicherheitsgründen gesperrt werden. Die Verbindung zwischen der Obertürkheimer beziehungsweise Mettinger Seite der B10 und der Hedelfinger Einödstraße wäre dann gekappt. Und eine Öffnung der Amstetter Straße kommt für die Hedelfinger nicht einmal übergangsweise in Frage. Für den Verkehrsfluss wäre spätestens dann die Hanns-Martin-Schleyer-Brücke bei Esslingen-Brühl elementar. Diese Brücke muss ebenfalls erneuert werden (siehe: hier). Die Hedelfinger und die Esslinger Brücke sollten aus verkehrlicher Sicht aber möglichst nicht gleichzeitig ausfallen. Deshalb haben sich die Nachbarstädte Stuttgart und Esslingen wegen ihrer beiden Bauvorhaben abgestimmt.

Eine Brückensperrung mit ungewissem Ausgang will in Hedelfingen natürlich niemand riskieren. Man sieht den Zeitdruck. Der Bezirksbeirat hat sich auf der Basis eines CDU-Antrags am 16. März dennoch gegen eine 9,5 Meter breite Ersatz- und stattdessen für eine Leichtbrücke nur für Fußgänger und Radfahrer ausgesprochen. Denn: Ein so massives Bauwerk – wie von der Stadt geplant (Foto oben) – möchten die Lokalpolitiker vor ihrem Ortsende nicht sehen.

Für die Frage, wie dann Autos und LKWs über die B10 kommen sollen, hat der Hedelfinger Bezirksbeirat auch einen klaren Vorschlag: Beim Hafen-Süd soll ein Vollanschluss an die Einödstraße hergestellt werden. Das würde die Erschließung der Deponie Einöd verbessern, lautet ein Argument – auch für Müllfahrzeuge der städtischen Abfallwirtschaft (AWS). Ein weiteres Argument zielt auf das Neckarcenter in Esslingen-Weil. Der Betreiber habe ebenfalls ein vitales Interesse an einer besseren Erreichbarkeit, legt die Hedelfinger CDU in einem Antrag dar (ausführlich: hier). Unionssprecher Mario Graunke behauptete am 16. März in der öffentlichen Sitzung des Hedelfinger Bezirksbeirates, dass ihm eine schriftliche Zusage des Neckarcenter-Betreibers vorliege, einen Vollanschluss mit 900.000 Euro mitzufinanzieren. Außerdem zitierte Graunke aus einem Schreiben des Regierungspräsidiums, das eine Genehmigung signalisiert habe.

Die Idee ist nicht neu. Im Stuttgarter Stadtplanungsamt hat man sich daher noch einmal ältere Pläne sowie den jetzigen CDU-Antrag angeschaut. Am 16. März zeigte Verkehrsplaner Andreas Hemmerich den Bezirksbeiräten auch auf, wie es gehen könnte. Man könne – entgegen erster Annahmen – sogar auf ein Rampenbauwerk mit Stützmauern verzichten. Um die Einödstraße auf das Brückenniveau am Hafen-Süd anzuheben, ließe sich einfach die Einödstraße aufschütten. Probleme: Dafür fehlen derzeit die rechtlichen Voraussetzungen, es müssten ein paar Grundstücke erworben werden, und im fraglichen Bereich wären getroffene Ausgleichsmaßnahmen tangiert.

Das hört sich nach Bürokratie an. Zudem spekuliert die Stadt über denkbare Umweltverträglichkeitsprüfungen und Einsprüche. Was sich nach noch mehr Bürokratie anhört. Andreas Hemmerich dachte deshalb schon mal laut über zehn Jahre Realisierungszeit nach. Und dann sind da noch die Kosten: Zwar sollen die reinen Baukosten eines B10-Vollanschlusses beim Hafen-Süd „nur” 4,7 Millionen Euro betragen. Doch angesichts der vielen Unwägbarkeiten, der langen Zeitschiene und zu erwartender Kostensteigerungen könnten noch einige Millionen hinzukommen. Plus etwa 3 Millionen für die gewünschte Leichtbrücke neben Elektro Eifler – so eine erste Schätzung der Stadt. Allerdings – siehe oben – minus 900.000 Euro Zuschuss vom Neckarcenter.

Ganz genau weiß man das alles aber nicht. Bisher wird viel spekuliert. Da der Baubeschluss für den Brückenneubau neben Elektro Eifler bereits zweimal vertagt wurde, weil die Hedelfinger auf Antworten der Stadt warteten, soll nun zügig eine Entscheidung fallen. Doch wie sollen die Stadträte vorgehen? Kurzfristig eine massive Ersatzbrücke freigeben, die vor Ort niemand will? Oder doch noch mal in anderen Dimensionen denken und die Alternative eines B10-Vollanschlusses wenigstens noch genauer prüfen lassen?

Vielleicht geht es sogar noch einfacher: Bei einer Ortsbegehung am 19. März kam nämlich die Idee auf, direkt von der B10-Ausfahrt zum Hafen-Süd eine Ausfahrt auf die Einödstraße abzuzweigen. Dort ist der Niveauunterschied nahe Null. Rampen, Mauern oder Aufschüttung könnte man sich dann ganz sparen. Das käme wahrscheinlich nicht nur viel billiger, es könnte vielleicht auch deutlich schneller zu realisieren sein. Aber: Auch dies müsste erst einmal gründlich geprüft werden.

Illustration oben (Stadt Stuttgart): Der geplante Ersatz für die Hedelfinger Brücke über die B10 erscheint dem Bezirksbeirat zu groß und zu wuchtig.

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Ein Gedanke zu „Brückentage im Gemeinderat: Was bekommt Hedelfingen?

  • In Hedelfingen wird anscheinend der schnelle Ersatz einer bewährten Verkehrsbeziehung mit einer aufwändigen Scheinalternative auf den St. Nimmerleinstag verschoben. Der aktuelle Brückenersatzentwurf kann ganz bestimmt weniger massiv realisiert werden. Irgendwo hab‘ ich im Hinterkopf eine Geschichte im Zusammenhang mit der Planung der Hafen-Süd-Brücke in Erinnerung. Man wollte damals mit dem Hafen-Süd-B10-Anschluss die Erreichbarkeit eines Einkaufszentrums auf Esslinger Gemarkung nicht erleichtern. Daher hat man sich gegen eine Verbindung der neuen Brücke mit der Einödstraße ausgesprochen. Gut, das ist eine ganz Weile her. In einer Amtsschublade kann man sicher Protokolle dazu finden.

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