LKW-Durchfahrtsverbot – Kontrollen nicht erfasst

Stuttgart-Hedelfingen … Das LKW-Durchfahrtsverbot ist ein lokalpolitischer Dauerbrenner in Hedelfingen. Als am Abend des 26. September 2023 in der diesjährigen öffentlichen Sitzung des Sicherheitsbeirats Hedelfingen über Polizeistatistiken für 2022 berichtet wurde, gab es zu diesem Thema allerdings keine Information. Sechs Wochen und drei WILIH-Nachfragen später liegt jetzt endlich eine Antwort der Polizei vor: LKW-Kontrollen werden gar nicht erfasst, heißt es. Wie passt das mit früheren Aussagen zusammen?

Polizei: keine Erfassung, also keine Aussage

Als der Vorsitzende des Hedelfinger Waldheimvereins Paul Wurm in der Sicherheitsbeiratssitzung nach LKW-Durchfahrtskontrollen an der Hedelfinger Filderauffahrt fragte, musste der stellvertretende Leiter des örtlich zuständigen Polizeireviers im Stuttgarter Osten passen. Er versprach dem Hedelfinger Bezirksvorsteher Kai Freier jedoch, die Antwort nachzureichen.

Dreimal fragte WILIH daraufhin beim Bezirksamt nach, bevor am 6. November endlich eine Antwort der Polizei kam: „Die Verkehrspolizeiinspektion des Polizeipräsidiums Stuttgart hat mitgeteilt, dass die o.g. Kontrollen statistisch in Zeit und Örtlichkeit nicht erfasst werden. Somit kann keine Aussage zur Anzahl der Kontrollen getroffen werden.”

Paul Wurm bezweifelt, dass kontrolliert wurde

Für Paul Wurm ist die Sache klar: Wahrscheinlich gab es gar keine Kontrollen. Wurm hatte über Jahre für die Einhaltung des Durchfahrtsverbots gekämpft und war dafür sogar bis zum Bundesgerichtshof in Karlsruhe gegangen. Letztlich scheiterte seine Beschwerde zwar an einer juristischen Frage (WILIH berichtete hier). Doch Wurm lässt nicht locker.

Deshalb gibt er sich auch nicht mit der angeblichen Nicht-Erfassung von Kontrollen zufrieden: „Da erwartungsgemäß nicht kontrolliert wird, ist halt in der Spalte eine NULL einzutragen. Dann ist wenigstens öffentlich dokumentiert, dass wieder nichts dokumentiert wurde.”

Noch 2020 wurden die Polizeikontrollen ganz genau erfasst

Noch 2020 und 2021 hatte die Polizei argumentiert: Die Hedelfinger Filderauffahrt eigne sich nicht für LKW-Kontrollen. Deshalb kontrolliere man beispielsweise am Großmarkt. Von Problemen bei der statistischen Erfassung war bislang nie die Rede. Deshalb überrascht die jetzige Argumentation. Zumal die Polizei früher durchaus in der Lage war, über durchgeführte Kontrollen zu berichten.

Am 1. Februar 2021 – drei Tage vor Amtsantritt des jetzigen OB Frank Nopper – antwortete der Erste Bürgermeister Fabian Mayer in Vertretung des Oberbürgermeisters zu dem Thema auf eine Anfrage der SPD-Gemeinderatsfraktion vom 29. Juni 2020. Die zweieinhalbseitige Stellungnahme aus dem Stuttgarter Rathaus geht umfassend darauf ein, wie die Polizei den LKW-Verkehr kontrolliert, und berichtet über „drei größere Kontrollen des Güterkraftverkehrs” im Zeitraum vom 1. Januar bis 15. Oktober 2020 „auf dem Wasen/P 10”. Laut Bericht wurden dabei „ca. 55 Fahrzeuge kontrolliert”. Gewisse Probleme bei der Erfassung gab es wohl schon damals, wie der eingeklammerte Hinweis „Gesamtzahl nicht vollständig erfasst” vermuten lässt.

Sogar ein Fernsehteam war bei einer Kontrolle dabei

Weiterhin berichtet die Stadt über mehrere Kontrollen „des gewerblichen Güterverkehrs bzw. Lieferverkehrs zu und vom Großmarkt” der „Verkehrsgruppe Krad”. Eine Kontrolle am 21. Juli 2020 sei sogar „durch ein Fernsehteam von Kabel 1 begleitet” worden, heißt es. Auch dabei gab es offenbar Erfassungsschwierigkeiten. Es heißt nämlich: „Die Anzahl der beanstandeten Fahrzeuge lag bei ca. 35, ausgehend von den recherchierten Anzeigevorgängen. Die Anzahl der insgesamt kontrollierten Fahrzeuge wurde nicht festgehalten.”

Ganz exakte Angaben machte die Stadt seinerzeit über stichprobenartige Kontrollen der Verkehrsgruppe Güterverkehr im selben Zeitraum. Berichtet wird über vier Monate mit Kontrollen: „Juli 11 Fahrzeuge, August 7 Fahrzeuge, September 4 Fahrzeuge und Oktober 2 Fahrzeuge”. Und auch über die Kontrolltätigkeit der Wasserschutzpolizei ließ sich Genaues sagen: „an 13 Tagen … wurden … 15 Fahrzeuge kontrolliert”.

In allen drei Berichtsfällen aus dem Jahr 2020 lautete das Fazit zwar: „Verstöße gegen das Lkw-Durchfahrtsverbot konnten nicht festgestellt werden.” Aber nicht ansatzweise argumentierte die Polizei damit, dass ihre LKW-Kontrollen statistisch nicht zu erfassen seien.

Wird es im nächsten Jahr Zahlen geben?

Man darf gespannt sein, wie die Stuttgarter Polizei künftig mit Hedelfinger Fragen nach LKW-Kontrollen umgeht. Paul Wurm hat bereits für 2024 erneut einen Bericht gefordert. An Bezirksvorsteher Kai Freier schrieb er: „Für den nächsten Polizeibericht (2023), der im Bezirksbeirat 2024 vorgestellt wird, bitte ich erneut darum, die Position LKW-Durchfahrtsverbots-Kontrolle an der Filderauffahrt aufzunehmen, selbst wenn das Ergebnis null ist. Es ist wichtig, dass dokumentiert wird, dass diese Kontrollen stattgefunden haben oder eben nicht stattgefunden haben.”


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3 Gedanken zu „LKW-Durchfahrtsverbot – Kontrollen nicht erfasst

  • Ich kann mich den Worten von Herrn Wurm nur anschließen. Obwohl als Wangener nicht direkt betroffen ist es sehr aufschlussreich, wie auch hier Polizei und Stadt sich immer widersprechen in ihren Ausreden, nichts zu tun. Ob es nun wie hier das LKW-Durchfahrtsverbot ist, die Falschparksituation vor der Stadtbibliothek, oder vielen weiteren Beispielen. Sobald mal etwas gegen den überbordenden Kfz-Verkehr getan werden soll, bzw. nur für die Einhaltung und Durchsetzung der bestehenden Rechtslage kommt Ausrede über Ausrede. Wenn überhaupt.

  • Lieber Herr Kassen,

    ich möchte Ihnen herzlich für Ihren hervorragenden Bericht im WILIH zum Thema „LKW-Durchfahrtsverbot – Kontrollen nicht erfasst“ danken. Ihr Artikel beleuchtet die Problematik auf eine sehr informative und kritische Weise, und Ihre gründliche Recherche und Rekapitulation der Geschehnisse sind äußerst wertvoll.

    Ihr Engagement, die Hintergründe und Entwicklungen im Zusammenhang mit dem LKW-Durchfahrtsverbot in Hedelfingen aufzuzeigen, ist von großer Bedeutung für die lokale Gemeinschaft und sensibilisiert die Öffentlichkeit für dieses wichtige Thema. Die Art und Weise, wie Sie die Diskrepanz zwischen früheren Aussagen und der aktuellen Situation beleuchten, gibt Anlass zum Nachdenken.

    Wir schätzen Ihre unermüdliche Arbeit und Ihren Einsatz für Transparenz und Aufklärung. Es ist in Zeiten wie diesen besonders wichtig, dass unabhängige Journalisten wie Sie ihre kritische Stimme erheben und die Öffentlichkeit über relevante Angelegenheiten informieren.

    Nochmals herzlichen Dank für Ihren engagierten Bericht und Ihren Beitrag zur Aufklärung. Wir hoffen, dass Ihre Arbeit dazu beiträgt, positive Veränderungen in Bezug auf das LKW-Durchfahrtsverbot herbeizuführen.

    Viele Grüße
    Ihr
    Paul Wurm

  • Aber Hauptsache, jeder Betrieb, jede Firma ertrinkt in Auflagen, Protokollen und Statistiken!

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