Mehrheit für Hauptradroute 2 – Auf Biegen und Brechen
Stuttgart-Wangen/Hedelfingen … Jetzt ist es entschieden: Die Hauptradroute 2 durch Wangen nach Hedelfingen soll gebaut werden, wie es die Stadt will. Trotz klarer Ablehnung in Hedelfingen und Wangen stimmte der Stuttgarter Gemeinderat am 23. Mai dem Vorhaben mit knapper Mehrheit zu. Ob das eine kluge Entscheidung war, wird sich zeigen. Teuer wird es jedenfalls.
Die städtische Vorplanung für die Hauptradroute 2 (HRR 2) fand am 23. Mai im Stuttgarter Gemeinderat eine dem Vernehmen nach recht knappe Mehrheit. Über den vierteiligen Beschlussantrag zur HRR 2 wurde getrennt abgestimmt. Dabei wurden „jeweils unterschiedliche Abstimmungsergebnisse erzielt“, teilte Martin Thronberens mit. Alle Punkte seien „mehrheitlich angenommen“ worden. Wie genau, wollte der Stadtsprecher am Tag nach der Entscheidung allerdings auch auf Nachfrage nicht mitteilen. Man habe bei der Information der Presse „auf eine detaillierte Aufschlüsselung verzichtet, weil dies die Leser aus unserer Sicht verwirren würde“. Die „entscheidende Nachricht“ sei, dass „der Vorschlag angenommen wurde“.
Bezirksbeiräte bleiben bei ihrer Ablehnung
Wangen und Hedelfingen, die beiden betroffenen Stadtbezirke des WILIH-Lands, haben nach wie vor Bedenken gegen die Vorplanung der Stadt Stuttgart für die HRR 2 von Stuttgart-Ost über Wangen nach Hedelfingen. Sowohl in Wangen als auch in Hedelfingen fanden die Pläne von Bürgermeister Peter Pätzold in der vorliegenden Form auch nach erneueter Beratung keine Mehrheit. Und eine Vertagung bis nach der Kommunalwahl scheiterte in der vorigen Woche aber denkbar knapp.
Wegen der Ablehnungen mit Zwei-Drittel-Mehrheit (WILIH 22.5.2019) mussten die Bezirksbeiräte in Wangen und Hedelfingen noch einmal über die HRR 2 beraten. Geändert hat dies erwartungsgemäß nichts. Am 20. Mai hat der Bezirksbeirat Wangen erneut gegen die aktuellen Pläne für die HRR 2 gestimmt mit fünf Stimmen von CDU, Freien Wähler und SPD dagegen, zwei Stimmen von Grünen und SöS-Linke-Plus dafür, und einer Enthaltung (SPD).
Hedelfinger Ja unter klaren Maßgaben
Am 21. Mai ging es dann Schlag auf Schlag. Mittags plädierte das bürgerliche Lager im zuständigen Umwelt- und Technik-Ausschuss (UTA) des Stuttgarter Gemeinderats für eine Vertagung, um auch das Votum des Hedelfinger Bezirksbeirats in die Überlegungen einbeziehen zu können; der tagte nämlich erst am Abend. Dieser Antrag wurde aber mit nur einer Stimme Mehrheit abgelehnt. Der Bezirksbeirat Hedelfingen hat sich daraufhin am Abend des 21. Mai mit einer Zweidrittelmehrheit von CDU, Freien Wählern und SPD unter klar formulierten Bedingungen für die HRR 2 ausgesprochen. Grüne und SÖS-Linke-Plus stimmten dagegen.
Der Hedelfinger Mehrheitsbeschluss vom 21. Mai im Wortlaut: Der Bezirksbeirat Hedelfingen stimmt unter folgenden Maßgaben der GRDrs 223/2019 (Vorplanung zur HRR 2, d. Red.) zu: 1. Der Baubeginn für die HRR 2 auf Hedelfinger Gemarkung erfolgt erst nach verbindlicher Einstellung von Haushaltsmitteln für die Umgestaltung des Hedelfinger Platzes. 2. Der Radverkehr in der Amstetter Straße wird auch künftig als Mischverkehr und mit „Tempo 30” für alle Verkehrsteilnehmer geführt. 3. Der Anschluss an den Radschnellweg aus Esslingen erfolgt nicht durch den Ortskern von Hedelfingen. 4. Die Wegeverbindung zwischen Alosenweg und Kemptener Straße wird, sofern rechtlich möglich, neben einem neuen Asphaltbelag auch beleuchtet, um die Sicherheit der Fahrradfahrer im Freizeitverkehr zu erhöhen. 5. Am neuen Kreisverkehr Hedelfinger Straße/Kemptener Straße/Otto-Konz-Brücken wird die Einrichtung eines Bypasses aus Fahrtrichtung Hedelfingen in Richtung B 10 untersucht und, soweit technisch darstellbar, umgesetzt (Hedelfinger Straße in Richtung Otto-Konz-Brücken). Diese Punkte sind Grundlage für künftige Planungen der Stadtverwaltung.
Wie geht es jetzt weiter?
Dieser erweiterte Antrag zielt auf ein eigentlich in allen poltischen Lagern gewünschtes Gesamtkonzept für Hedelfingen. CDU, Freien Wählern und SPD gelang es damit allerdings nicht, der Rad-Lobby aus Grünen und SÖS-Linke-Plus eine Brücke zu bauen. Mit der absurden Folge, dass das grün-öko-soziale Lager im Ergebnis gegen die Vorplanung der HRR 2 votierte. Spätestens zu diesem Zeitpunkt zeichnete sich bereits ab, dass die von Anfang an unter Ideologieverdacht stehende Radroutenplanung im Gemeinderat auf Biegen und Brechen durchgeboxt werden sollte. Und zwar auf den letzten Metern. Denn die Entscheidung fiel in der letzten Vollversammlung des Stadtparlaments vor der Kommunalwahl. Die städtischen Verkehrsplaner dürfen sich nun an die Arbeit machen, die Vorplanung zu verfeinern. Inwieweit sie die Signale aus den Bezirksbeiräten dabei noch berücksichtigen dürfen, wird man sehen. Läuft alles nach Plan, soll die HRR 2 im Frühjahr 2021 „auf Baustelle“ gehen. Die Bauzeit soll zwei Jahre betragen. Da die veranschlagten Baukosten selten unterschritten werden, darf man gespannt sein, was aus den geschätzten 12,3 Millionen Euro letztlich werden wird.
Foto oben: Mit der Hauptradroute wird die Otto-Konz-Brücken-Kreuzung zu einem großen Kreisverkehr mit Stadtbahnüberquerung umgebaut.
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