Stadtplanung mit der Brechstange?

Die Stadt Stuttgart hat Pläne gemacht. Der Süden von Heumaden soll städtebaulich weiterentwickelt werden. Das Leitbild lautet „Lebendige Gartenstadt”. Doch das ist nur Marketing-Sprech. Das Ergebnis ist eine massive Nachverdichtung im Stadtbezirk Sillenbuch, vor allem mit sozialem Wohnungsbau und Flüchtlingsunterkünften. Beides ist ohne Zweifel wichtig. Die Versiegelung von Grünflächen und millionenteurer Straßenbau ohne Not hingegen passen nicht in eine Zeit, in der die Stadt eine Bugwelle notwendiger Reparaturen und Investitionen vor sich herschiebt. Für „Nice to have” fehlt schlicht das Geld. Auch Kindergartenplätze sind wichtig, keine Frage. Die umstrittene Bebauung der „Bernsteinwiese” am Rande des Wohnquartiers scheint für die Stadt deshalb ein Fakt zu sein. Doch ist das jetzt ein Grund, zu sagen: Ende der Diskussion? Ebenfalls noch nicht ausdiskutiert ist die keinesfalls unumstrittene Ansiedlung der Freien Aktiven Schule. Die Privatschule, die aus Hoffeld eigentlich gar nicht weg will, ist im städtischen Konzept nur noch ein Detail unter vielen. Dabei war dies der Auslöser eines Planungsprozesses mit Bürgerbeteiligung, der vor gut fünf Jahren begann und nun eine unerwartete Eigendynamik bekommen hat. Was in den städtischen Planungsbüros entstanden ist, erstaunt nicht nur den Bezirksbeirat. Viele Bürger des Stadtbezirks Sillenbuch dürften sich die Augen reiben, wenn sie realisieren, in welcher Form die Stadtplaner die bisherige Lücke zwischen Riedenberg und Heumaden schließen wollen. Als der Sillenbucher Bezirksbeirat zu Beginn der Überlegungen erkannte, dass es  um mehr als einen Schulneubau gehen wird, hatte er das hehre Ziel, planerisches Stückwerk zu vermeiden und stattdessen ein Gesamtkonzept zu fordern. Auch die geforderte Bürgerbeteiligung war gut gemeint. Dass Letztere nur 66 Bürgern offenstand und man sich allein auf Heumaden kaprizierte, dass sie von Anfang an von wenigen Partikularinteressen bestimmt wurde, dass sie hinter verschlossenen Türen stattfand und nicht einmal Bezirksbeiräte im Bilde waren, was da eigentlich läuft, wirft angesichts der unerwartet weitreichenden Pläne der Stadt jetzt die Frage auf, ob die angebliche Beteiligung wirklich zum Ausdruck bringt, was „die Bürger” wollen. Und zwar die Bürger des gesamten Stadtbezirks und nicht bloß die, die in Heumaden und insbesondere im Quartier „Über der Straße” wohnen. Deshalb sollte die jetzt erhobene Forderung nach einer „großen” Bürgerversammlung und einer grundlegenden Diskussion im gesamten Stadtbezirk Sillenbuch laut und deutlich formuliert werden! Die Devise sollte doch lauten: Keine Stadtplanung mit der Brechstange, vorbei an den Bürgern! Jetzt die Reset-Taste zu drücken und alles zurück auf Anfang zu stellen, wird jedoch nicht notwendig sein. Aber da der zuständige Ausschuss des Stuttgarter Gemeinderats in dieser Woche die Notbremse gezogen und eine zunächst eilig anberaumte Beschlussfassung vertagt hat, besteht nun doch noch die Möglichkeit zur Nachbesserung und Einbeziehung der Bürgerschaft. Diese Chance zu nutzen, kann sich lohnen. Denn die Ausgestaltung des fraglichen Quartiers wird auf Generationen hinaus das Miteinander im Stadtbezirk Sillenbuch beeinflussen.

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2 Gedanken zu „Stadtplanung mit der Brechstange?

  • Dem 1. Kommentator muss ich recht geben: so läuft es in Stgt! Schöne Worte, die Wirklichkeit ist das Gegenteil!
    Aber Danke dem klugen Journalisten
    Barbara Weber, Wangen

  • Dieser Artikel bringt es auf den Punkt!
    Sehr gut geschrieben und sehr gut recherchiert,
    Danke!

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