Stuttgart ist zu langsam, um sein Geld auszugeben

Der kommende Haushalt der Stadt Stuttgart soll erstmals die Marke von fünf Milliarden Euro überspringen. Gestern legten OB Nopper und Finanzbürgermeister Fuhrmann den Entwurf für den kommenden Doppelhaushalt für die Jahre 2024 und 2025 vor. Morgen wird er in den Gemeinderat eingebracht. Bis kurz vor Weihnachten geht es dann um die Allokation der Mittel. Ein Jahr vor der nächsten Gemeinderatswahl ein besonders spannendes Tauziehen, geht es doch oft noch bis zur letzten Minute darum, Wünsche im eigenen Stadtbezirk erfüllen zu können oder enttäuschen zu müssen. Sparsamkeit ist im Vorwahlkampf noch weniger zu erwarten als sonst. Was die Bürger aber erwarten dürfen, ist eine zeitnahe Umsetzung dessen, was beschlossen wurde. Und da hapert es in der Landeshauptstadt gewaltig. Ein Zitat des Oberbürgermeisters aus der städtischen Pressemitteilung zur heutigen Präsentation des Etatentwurfs lässt aufhorchen: „Selbst, wenn wir überhaupt keine neuen Projekte für den neuen Doppelhaushalt beschließen würden, hätten wir immer noch alle Hände voll zu tun, die bereits beschlossenen Projekte umzusetzen.“ Der OB, so heißt es, verweise darauf, „dass die Stadt mittlerweile Projekte in einem Volumen von 1,2 Milliarden Euro vor sich herschiebe, die zwar beschlossen seien, aber nicht umgesetzt.” Ganz offenbar geht es also längst nicht mehr nur ums Geld, was schon Problem genug ist. Inzwischen überholt sich die Stadt mit ihrer Planung selbst. Wer sich dann vorm Bürgerbüro die Beine in den Bauch steht, dem hilft auch nicht, dass die Stadt im kommenden Jahr erneut viel Geld für Security-Leute ausgeben will, die beim Nummernziehen helfen – stolze 1,43 Millionen Euro sollen es 2024 sein. Wie lange Projekte durch die Kalender geschoben werden, sieht man beispielsweise in Sillenbuch. Seit 15 Jahren plant man mehr oder weniger intensiv ein Bürger- und Veranstaltungszentrum, das nun tatsächlich gebaut werden soll. Die Stadt verkündet jetzt die Inbetriebnahme für 2030, noch vor nicht einmal einem Monat sprach der OB bei seinem Sillenbuch-Besuch von Ende 2028. Ob es dann 20 oder 22 Jahre gedauert haben wird, ist eigentlich auch egal – es ist in jedem Fall zu lange. Anderes Beispiel: Aus einer seit rund zehn Jahren als dringend erforderlich angesehehen Sanierung des Geschwister-Scholl-Gymnasiums (GSG) ist längst ein Erweiterungsneubau geworden, weil man schnell gemerkt hat, dass sanieren mindestens so teuer wird wie neu bauen. In der Zwischenzeit sind ursprünglich vermutete etwa 40 Millionen Euro auf stolze 112,5 Millionen angewachsen. Über weitere Steigerungen bis zur jetzt mit 2031 angegebenen möglichen Inbetriebnahme darf spekuliert werden. Und die nach den Sommerferien gestarteten Sextaner dürfen sich wohl auf eine Gymnasialzeit „auf Baustelle” freuen und – wenn alles nach Plan läuft und sie nicht sitzen bleiben – eine Abi-Feier im bis dahin vielleicht gerade fertiggewordenen „neuen” GSG. Man darf gespannt sein, wie viele Abiturienten nach dieser Erfahrung eher zu einem Architekturstudium neigen, Bauhandwerker werden oder ihre Brötchen in der öffentlichen Verwaltung verdienen wollen.

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