Ver-Verbung

Wir lesen in diesen Wochen sehr häufig von „Verzwergung“. Vor allem die Sozialdemokraten fürchten momentan dieses Phänomen. Und übertragen den aus der Evolution bekannten Begriff auf die Politik. Dabei taucht immer öfter die Sonderform der „Selbstverzwergung“ auf. Dies ist allerdings kein evolutionäres, sondern wohl eher allein ein politisches Phänomen. Denn erstens setzt sich die evolutionäre Verzwergung nicht selbst in Gang, sondern beschreibt das Kleinerwerden als Folge einer Anpassung an sich änderende externe Bedingungen. Und zweitens legt die Evolution nicht ein so hohes Tempo an den Tag wie die Veränderung bei der SPD. Stimmig ist allerdings in diesem Zusammenhang die Vorsilbe „Ver-“, weil sie in aller Regel eine schwierige, oft schwer revidierbare und nicht selten unangenehme Ver(!)änderung dokumentiert. Doppelt verpräfixt kommt in diesen Wochen die „Verbeamtung“ daher. Immerhin ohne „Selbst“. „Beamtet“ (Achtung, nicht „beatmet“) ist jemand, der als Beamter und nicht bloß als Angestellter in einer Behörde tätig ist. „Be-“ reicht dafür völlig aus, beschreibt diese Vorsilbe doch die (vollzogene) Ver(!)änderung eines Zustandes. Der „Be-amte“ be-kommt ein Amt, das war‘s dann. Was soll also eine „Ver-be-amtung“ sein? Das uns mit Wissen ver-sorgende Wiktionary kennt „ver-“ auch als „eine Vorsilbe, die bei vielen Verben zu keiner besonderen Bedeutung führt“. Demnach wäre der Verbeamtete ein Beamter ohne besondere Bedeutung?

Rundgeschaut … Die Seite 3 Kolumne aus dem WILIH … 31.1.2018