Waldheim Hedelfingen – Grundstück 6 Millionen wert?

Stuttgart-Hedelfingen … Seit über 100 Jahren ist das Waldheim Hedelfingen ein Ort der Begegnung, der Gemeinnützigkeit und der Kindertagesbetreuung – kein Spekulationsobjekt für Immobilienfantasien. Doch genau diesen Eindruck erweckt das neue städtische Bewertungsverfahren: Das 5.565 Quadratmeter große Grundstück an der Heumadener Straße 110 wurde plötzlich mit 1.080 Euro pro Quadratmeter bewertet – das ergibt einen Bodenwert von 6.010.000 Euro. Ein unglaublicher Anstieg, zumal das Gelände weder bebaubar noch veräußerbar ist.

Gastbeitrag von Paul Wurm,  1. Vorsitzender des Waldheimvereins Hedelfingen

Wenn unsere Gemeinnützigkeit jemals entfiele – was wir für extrem unwahrscheinlich halten – müssten wir künftig 62.505 Euro Grundsteuer zahlen, besorgt mich als Vorsitzender des Waldheimvereins. Aktuell ist das Grundstück aufgrund seiner satzungsgemäßen Nutzung zu 100 Prozent grundsteuerbefreit. Doch der neue Bodenrichtwert hängt wie ein Damoklesschwert über dem Verein.

Tatsächlich wird das Gelände nicht wohnwirtschaftlich genutzt, sondern fast vollständig von der Landeshauptstadt Stuttgart für eine Kindertagesstätte angemietet. Die Mietverträge laufen langfristig, alle Räume wurden für pädagogische Zwecke umgebaut. Ein Rückbau zur Wohnnutzung ist ausgeschlossen.

Gegen die neue Bewertung wurde Einspruch eingelegt, begleitet von einem laufenden Verfahren beim Gutachterausschuss. Die Hoffnung: eine realistische Herabstufung auf ein Niveau, das dem gemeinnützigen Charakter und der tatsächlichen Nutzung des Grundstücks gerecht wird. Zum Vergleich: Ein direkt angrenzendes Grundstück ist im offiziellen Bodenrichtwertsystem BORIS aktuell mit lediglich 26 Euro pro Quadratmeter eingestuft.

Dass ein gemeinnütziger Verein, der einen Mitgliedsbeitrag von lediglich fünf Euro pro Jahr erhebt, mit einer potenziellen Steuerlast in fünfstelliger Höhe konfrontiert werden könnte, ist ein Schlag ins Gesicht des Ehrenamts. Um es auf den Punkt zu bringen: Das ist nicht nur realitätsfern – das ist ein Skandal.

Der Fall des Waldheims Hedelfingen könnte ein Weckruf für viele gemeinnützige Einrichtungen in Stuttgart und darüber hinaus sein. Wenn selbst ein über Jahrzehnte klar gemeinnützig genutztes Grundstück plötzlich wie voll erschlossenes Wohnbauland bewertet wird, geraten auch andere Vereine in Gefahr. Wer keine Rücklagen in Millionenhöhe besitzt – und das dürfte auf die meisten zutreffen –, steht dann mit dem Rücken zur Wand.

Wenn diese Art der Bodenwertermittlung Schule macht, droht eine stille Umverteilung: Ehrenamtlich getragene Einrichtungen zahlen plötzlich wie Bauträger – und das, obwohl sie keine Gewinnerzielung verfolgen, sondern im Dienste der Allgemeinheit arbeiten. Es wäre ein Präzedenzfall mit verheerendem Signal: Gemeinnutz wird fiskalisch wie Eigennutz behandelt. Das darf nicht zum neuen Standard werden.

Foto (Paul Wurm): Das Waldheim in Hedelfingen im Juni 2025


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Ein Gedanke zu „Waldheim Hedelfingen – Grundstück 6 Millionen wert?

  • DANKE, WILIH!

    Im Namen des Waldheimvereins Hedelfingen bedanken wir uns herzlich bei der Redaktion des WILIH – insbesondere bei Herrn Manfred Kassen – für die Veröffentlichung unseres Gastbeitrags zum aktuellen Bodenwert-Verfahren.

    Dass ein lokal verankerter, gemeinnütziger Verein Gehör findet, ist nicht selbstverständlich. Umso mehr schätzen wir es, dass der WILIH auch unbequemen Themen Raum gibt und die Hintergründe klar und verständlich darstellt.

    Wir hoffen, dass durch die Veröffentlichung eine sachliche Diskussion angestoßen wird – über die Bewertungspraxis in Stuttgart, die Rolle des Ehrenamts und die Bedeutung verlässlicher Rahmenbedingungen für gemeinnützige Einrichtungen.

    Waldheimverein Hedelfingen e.V. 1912
    Der Vorstand

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