Wie die Hedelfinger Rathaus und Straßenbahn feierten

Lebendige Ortsgeschichte (Folge 6). Historisches aus und über Hedelfingen – unterhaltsam erklärt von Hans-Peter Seiler und Michael Wießmeyer, [post_published] … Über Hedelfingen gibt es viel zu erzählen. Besonders gut und gerne tun dies der ehemalige Hedelfinger Bezirksvorsteher Hans-Peter Seiler und Hedelfingens Ortshistoriker Michael Wießmeyer. Seit Jahren begeistern die beiden Hedelfingen-Fans bei Vorträgen und Führungen ein stetig wachsendes Publikum mit ihren Geschichten über die Geschichte des vor hundert Jahren von Stuttgart eingemeindeten Neckarvororts. WILIH veröffentlicht hier eine Serie mit vielen interessanten Blicken auf die Historie Hedelfingens. In loser Folge wollen die Geschichten-über-Geschichte-Erzähler Seiler und Wießmeyer an dieser Stelle Lust auf Hedelfingen machen.

Hans-Peter Seiler und Michael Wießmeyer beim Stöbern in historischen Fotos
Hans-Peter Seiler und Michael Wießmeyer beim Stöbern in historischen Dokumenten

Der Titel des heutigen Beitrags: Um dreieinhalb Uhr – Wie die Hedelfinger Rathaus und Straßenbahn feierten.

Ein großes Fest will gut vorbereitet sein. Eigentlich waren es zwei Anlässe, die nur sehr selten in einer Gemeinde vorkommen. Die damals noch selbstständige Gemeinde hat ein neues Rathaus gebaut. Wenn das kein Grund zum Feiern ist. Das zweite Ereignis war sicher lang ersehnt und nun auf der Zielgeraden. Hedelfingen wurde an das Straßenbahnnetz von Stuttgart angeschlossen. Von nun an konnte man mit der Linie 16 nach Stuttgart fahren.

Blick auf Straßenbahn vor dem Rathaus Hedelfingen um 1910
Hedelfinger Straßenbahn als Postkartenmotiv (um 1910)

Das waren gute Gründe für einladende Plakate. Auf ihnen stand:  „Hedelfingen –  Einladung zu der am kommenden Mittwoch, den 21. Dezember 1910, stattfindenden Eröffnung der Vorortsbahn Stuttgart – Hedelfingen. Verbunden mit Einweihung des neuen Rathauses wird die Einwohnerschaft, namentlich auch die am Rathausbau beschäftigt gewesenen Handwerker, im Namen der bürgerlichen Kollegien eingeladen. Nachmittags 3 1/2 Uhr ist Ankunft der Festwagen und Begrüßung der Festgäste vor dem Rathaus, hierauf Besichtigung des neuen Rathauses. Im Anschluss hieran gesellige Vereinigung und Festbankett im Gasthaus zum Ochsen. Die hiesige Feuerwehrmusik wird die Festgäste am Rathaus mit Musik empfangen, worauf vom Gesangverein Liederkranz ein Begrüßungslied gesungen wird. Beim Festbankett im Gasthaus zum Ochsen hat der Gesangverein Liederkranz und die hiesige Feuerwehrmusik die musikalische Unterhaltung in sehr anerkennenswerter Weise übernommen. Die Einwohnerschaft, namentlich diejenige in der Hauptstraße, wird gebeten, an diesem für die hiesige Gemeinde so wichtigen Festtage zu Ehren der vielen fremden Festgäste ihre Häuser zu beflaggen und zu bekränzen. Am Dienstagnachmittag kann am Rathaus das zur Fertigung von Kränzen etc. notwendige Tannenreis unentgeltlich abgeholt werden. Den 17. Dezember 1910. Schultheiß Wendel“.

Das Gasthaus Ochsen – in dem damals gefeiert wurde – verfügte über einen großen Saal, ein Lebensmittelgeschäft und eine Kegelbahn. Es war im Ort eine Institution und befand sich gegenüber dem Rathaus auf den Grundstücken, auf denen heute die Volksbank am Württemberg steht (früher: „Hedelfinger Bank”).

Festgäste vor dem damals neuen Bezirksratshaus Hedelfingen (1910)
Einweihung des Hedelfinger Rathauses 1910

Für die damals ca. 3.000 Einwohner zählende Gemeinde war es ein besonderer Tag, der den Grundstein legte für die Anbindung an den Öffentlichen Personen-Nah-Verkehr (ÖPNV), wie man heute sagt. Auch das heutige Bezirksrathaus im damals erbauten Gebäude ist als Dienstleister für die Hedelfinger Bevölkerung immer noch gut zu Fuß erreichbar und steht als ortsbildprägendes Gebäude mitten im Ort. Heute hat der Stadtteil Hedelfingen ca. 5.700 Einwohner/innen.

Das Beitragsfoto oben zeigt die für 3 1/2 Uhr angekündigte Ankunft der Festwagen.

WILIH dankt Hans-Peter Seiler und Michael Wießmeyer für diese Geschichte. Die historischen Fotos und Dokumente stammen aus dem Fundus des Alten Hauses Hedelfingen.

Nächstes Thema dieser Serie: Was macht ein Landesbischof aus Sachsen auf dem Hedelfinger Friedhof?


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