Wird Rangnick Bundeskanzler?

Wer kann Kanzler? Auch wenn in der Union gerade darüber gestritten wird, ob Laschet oder Söder Kanzlerkandidat werden soll: Eigentlich sollte die Frage lauten, wofür man überhaupt einen Spitzenkandidaten braucht. Und wenn: warum nur einen? Und dann: Wer soll das entscheiden? Und wie soll entschieden werden? Vergessen wir erst mal Laschet und Söder und gehen zurück auf Anfang. Was am 26. September gewählt wird, ist nicht die Kanzlerin oder der Kanzler, sondern der Bundestag. Dass man dafür zwei Stimmen abgeben darf, hat auch nichts mit der K-Frage zu tun. Eigentlich haben wir Bürger überhaupt nichts bei der Frage mitzureden, wer Bundeskanzler(in) wird. Und wenn die Parteien noch so smarte Spitzenkandidaten auf ihren Wahlplakaten abbilden: Die weibliche oder – viele Erstwähler können sich vielleicht gar nicht vorstellen, dass das auch möglich ist – männliche Bundeskanzlerin wird vom Deutschen Bundestag gewählt. Ohne wenn und aber, das Verfahren steht fest. Basta! Wen die Bundestagsabgeordneten zu Kanzler oder Kanzlerin machen, können die Parteien nicht vorgeben. Es muss nicht einmal jemand sein, der selber dem Bundestag angehört. Rein theoretisch könnten auch Ursula von der Leyen, Thomas Gottschalk, Ralf Rangnick oder Lieschen Müller Kanzler(in) werden. Keine Angst, Herr Laschet und Herr Söder, das sind nur Beispiele. Aber sie zeigen auf, was möglich wäre – egal, wer mit wem oder gegen wen was ausgekungelt haben mag. Anders verhält es sich bei der Kandidatenkür. Dafür ist überhaupt kein Verfahren festgelegt. Was sich in der Laschet oder Söder-Debatte eindrücklich zeigt. Kanzlerkandidaten müssen kein Casting durchlaufen, müssen weder auf Parteitagen noch durch eine Befragung der Mitglieder ihrer Partei bestimmt werden, auch nicht in Meinungsumfragen vorn liegen oder besondere Voraussetzungen mitbringen. Manchmal fallen Spitzenkandidaten scheinbar vom Himmel, ein anders Mal wünschen sie sich gegenseitig zur Hölle. Wer die K-Frage für sich entscheiden möchte, muss nicht einmal Politiker sein. Wobei das sowieso weder ein Ausbildungsberuf noch eine geschützte Berufsbezeichnung ist. Politiker darf sich jeder nennen, der sich dazu berufen fühlt – im Zweifel allein von sich selbst. Man braucht auch keine speziellen Fähigkeiten, um Kanzler(in) der Bundesrepublik Deutschland werden zu können. Dies gilt entsprechend auch für Kandidaten. Die brauchen nicht einmal einer Partei anzugehören. Vielleicht würde es gelegentlich sogar die Wahlchancen erhöhen, mit keiner Partei in Verbindung gebracht werden zu können. Ganz Mutige kommen deswegen sogar auf die Idee, sich eine Expertenregierung zu wünschen. Das würde angesichts der aktuell größten Herausforderung unserer Gesellschaft für Virolog(inn)en oder Intensivmediziner(innen) als Kanzlerkandidat(inn)en sprechen. Ralf Rangnick – nur als Beispiel – wäre dann schon mal aus dem Rennen.

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