Bergwald-Kita ist fertig – Blick hinter die Kulissen

Stuttgart-Hedelfingen, [post_published] … Es ist kaum zu glauben. Nur zwei Jahre nach dem Aus der „Ratten-Kita” steht auf dem Waldheimgelände am Hedelfinger Bergwald ein neues Kindergartengebäude. Und was für eins! Architektonisch und energietechnisch ein Meisterwerk. WILIH durfte zu einer Vorbesichtigung die Kamera mitbringen. Unsere Bildergalerie gestattet Einblicke in die neue Bergwald-Kita.

Endspurt auf dem Waldheimgelände

Die Photovoltaikmodule auf dem Süddach fehlen noch, ebenso der Wechselrichter und die große Speicherbatterie im Keller. Das soll noch im Spetember geliefert und montiert werden. Ansonsten wird hier und da noch am Finish gearbeitet. Auch die Außenanlagen bekommen noch einen Feinschliff. Aber alles, was eine moderne Kindertagesstätte ausmacht, ist bereits zu besichtigen. Bei der Stadt, die den Bau vom Waldheimverein gemietet hat, arbeitet man mit Hochdruck an der Einrichtungsplanung.

Zum November soll der Kindergarten bezugsfertig werden. Danach dürfen die ersten Null- bis Dreijährigen und Drei- bis Sechsjährigen eine neue Kita-Ära in Hedelfingen einläuten.

Das Projekt wurde, nachdem der als „Ratten-Kita” bekannt gewordene Flachbau nicht mehr zu retten war, in beispielgebender Kooperation von Waldheimverein (Bauherr) und Stadt (Mieterin) in einer kaum für möglich gehaltenen Zeit verwirklicht. Eigentlich hätte es sogar noch schneller gehen sollen. Aber das Projekt geriet unverschuldet in den Strudel von Lieferengpässen und Preiserhöhungen. So stieg das ursprünglich mit 2,5 Millionen Euro angenommene Investitionsvolumen auf vermutlich 3,4 Millionen an. Doch auch diese Hürde konnte der Waldheimverein nehmen. Auch weil seine Hausbank mitspielte und die Mitglieder der zusätzlichen Verschuldung zustimmten.

Jedes Fahrzeug hat seinen eigenen Parkplatz

Nun ist der neue Kindergarten (fast) fertig. Und er kann sich sehen lassen. Rechts vor dem Haupteingang befindet sich ein großzügiger Stellplatz mit Bügeln für 16 Fahrräder. Ein Kinderwagenparkplatz folgt noch. Beim Waldheim-Backhäusle neben dem Kinderspielplatz wird noch ein E-Mobil-Parkplatz mit zwei Wallboxen zum Aufladen von Elektroautos eingerichtet. Vorbei am Haupteingang führt ein gepflasterter Weg zum eingezäunten Wald-Spielplatz.

Betritt man die Kindertagesstätte, erkennt man bereits vom Vorraum aus, wie hell alles ist. Links befindet sich ein 99 Quadratmeter großer Bewegungsraum, der bei Bedarf auch von Mitgliedern des Waldheimvereins oder für öffentliche Veranstaltungen zu nutzen ist. Dafür wird der Raum mit Beamer, Leinwand und WLAN ausgestattet. Es gibt einen direkten barrierefreien Zugang vom großen Parkplatz aus, den sich Waldheim und Kita teilen. Hinter dem Saal liegt ein Stuhllager. Rechts vom Eingang findet sich ein eigenes Besucher-WC mit einer behindertengerechten Toilette.

Der eigentliche Kindergarten erschließt sich nach der Schutztüre, die im Brandfall automatisch geschlossen wird. Alle Türen im Gebäude sind mit einem Klemmschutz ausgerüstet, damit sich keine kleine Hand verfangen kann – auch für Erwachsene eine gute Schutzeinrichtung. In allen Räumen regeln Bewegungsmelder die künstliche Beleuchtung, so dass bei ausreichender Helligkeit kein Strom für Licht verschwendet wird.

Matschige Hände sind kein Problem 

Die Null- bis Dreijährigen werden in zwei Gruppenräumen im Erdgeschoss betreut. Ebenerdig geht es auf die Terrasse, die bei Sonne von einer großen Markise beschattet wird, und zum Spielbereich im Freien. Ein Kleinkind-WC sowie ein Wickeltisch befinden sich im Sanitärraum. Garderoben werden noch eingebaut.

Ein weiterer Gruppenraum für Drei- bis Sechsjährige schließt sich an – ebenfalls mit Zugang zur Terrasse. Weil die „Größeren” gerne mal mit Wasser im Sandkasten „arbeiten”, steht ihnen ein besonderes Waschbecken zur Verfügung. Es hat einen Matschfangtopf. Im Flur unter der Treppe ist ein Platz für einen Elektro-Bus für Ausflüge von bis zu acht Kindern vorbereitet. Ihn wolle die Volksbank spenden, übt sich der Waldheimverienschef Paul Wurm in Vorfreude. Und weil Spielen müde macht, gibt es im Erdgeschoss noch einen Ruheraum.

Und eine Edelstahlküche mit zwei Konvektomaten, einer Herdplatte, einer Spülmaschine mit Wärmerückgewinnung sowie zwei Kühlschränken. Dort werden die über einen separaten Zugang zu liefernden Speisen gewärmt und portioniert. Aus der Küche führt ein Fluchtweg direkt zur Außentreppe auf die Straße Am Bergwald.

Fernsehen im sprechenden Aufzug

Ein besonderes Erlebnis bietet der Aufzug, der barrierefrei in das Obergeschoss mit den zwei Gruppenräumen für Drei- bis Sechsjährige fährt. In der Aufzugskabine, die „sprechen” kann, befindet sich ein kleiner „Fernseher”. Am Besichtigungstag richteten sich die Wechselseiten mit Nachrichten zum Tod der Queen, zur Geldpolitik der EZB und zum Ukrainekrieg noch eher an die Erwachsenen. Aber auch kindgerechte Themen sollen hier präsentiert werden können.

Die beiden Gruppenräume im Obergeschoss sind für sich schon großzügig – wie überhaupt die neue Kita wesentlich mehr Platz bietet als vorgeschrieben. Eine Attraktion sind die Spiel-Emporen, die über Treppen zusätzliche Aufenthaltsflächen erschließen. Ein großer Balkon davor – über der Terrasse – lässt sich auch über beidseitig angeordnete Außentreppen verlassen und erreichen. Hier ist den Architekten des Hedelfinger Büros larob ein ganz besonderer Fluchtweg gelungen. Herrlich auch der Ausblick ins Grüne: Alle Kindergartenkinder dürfen den Blick auf den eingewachsenen Wald und den Spielplatz genießen. Ein großer WC- und Sanitärbereich rundet das Betreuungsangebot im Obergeschoss ab.

Zwischen den beiden Spielbereichen befinden sich noch Lagerräume, am Westende sind das Büro der Kindergartenleitung, ein Aufenthaltsraum mit eigener Küche für die Mitarbeiter sowie ein Besprechungszimmer für Eltern angeordnet. Räume für Material und Medien, den Reinigungsdienst sowie ein Wickelraum runden das Angebot ab.

Die ganz große Besonderheit der neuen Kita ist ihre Energieeffizienz. Das fing schon beim Bau an. Durch die Verwendung klimaneutraler Poroton-Ziegel wurden einmalig 10,2 Tonnen CO2 eingespart. Dafür bekam der Waldheimverein sogar ein Zertifikat. Durch die Photovoltaikanlage und Eisspeicherheizung kommt jedes Jahr  noch einmal eine Einsparung von rund 30 Tonnen CO2 hinzu.

„Wir heizen mit Eis”

Die Eisspeicherheizung ist der große Clou bei der Heizung und Klimatisierung des Gebäudes. Es wird komplett über eine Wärmepumpe und Fußbodenheizung mit Wärme versorgt. Im Winter. Über den Sommer kühlt das System die Räume. Ohne Klimaanlage. Wie funktioniert das? Im Keller lagern in einer Zisterne 85.000 Liter Wasser. Die werden in der Sommerperiode auf bis zu 30 Grad erwärmt. Und im Herbst zieht die Heizung peu à peu die Wärme heraus. Aber das ist nicht alles. Einen Teil steuert noch Erdwärme aus der Gebäudeumgebung bei. Und ein Energiezaun, der am Hang über der Zufahrt steht, sammelt weitere Wärme aus der Luft und der Sonneneinstrahlung.

Spannend wird es, wenn das Wasser den Gefrierpunkt erreicht und zu Eis wird. Und im Keller einen „Eisberg” entstehen lässt. Die sogenannte Kristallisationsernergie ist dann ein zusätzlicher Wärmeproduzent. Und zur nächsten warmen Jahreszeit kehrt sich das System wieder um. Deshalb sagt Paul Wurm stolz: „Wir brauchen kein Öl, kein Gas, keine Pellets und keine Brennstoffzelle. Wir heizen mit Eis.”

Strom für die Wärmepumpe liefert die Photovoltaikanlage. Eine Batterie im Keller speichert ihn. Auch bei der Wassergewinnung wird auf Selbstversorgung gesetzt. Vom Gebäudedach können 12.000 Liter in einem Regenwasserspeicher gesammelt werden, der ebenfalls im Keller steht. Das soll auch beim Gießen der Beete und Bäume helfen – und Geld sparen.

Und weil man „digital denkt”, sind alle Vorbereitungen für den Glasfaserausbau bereits getroffen. Dann müsse nur noch ein Loch gegraben werden, meint Paul Wurm schmunzelnd. Anschließend könnten die Glasfaserkabel durch die verlegten Leerrohre geschossen werden. Doch zunächst ist die Telekom am Zug. Wann der Startschuss für den Glasfaserausbau in Hedelfingen fällt, steht aber noch in den Sternen.

Im Frühsommer 2023 wollen Kita-Leitung und Waldheimverein einen Tag der offenen Kindergärten im und beim Hedelfinger Waldheim veranstalten. Dann wird auch die Öffentlichkeit Gelegenheit bekommen, die neue Einrichtung kennenzulernen.

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