Das Herz in der Hand, das Hirn in Betrieb

„Leute, so wird das nichts! Wenn wir unablässig so lässig mit den AHA-Regeln umgehen und uns nicht disziplinieren, dann leben wir das ganze nächste Jahr noch im Shutdown.” Es ist erst zwei Wochen her, dass wir mit diesen Worten hier den laxen Umgang mit Abstandhalten, Masketragen und Kontaktreduzierung angeprangert haben (nachzulesen hier). Mal ehrlich: Heute sind wir keinen Schritt weiter. Leider. Unsere damalige Fokussierung auf Schüler ist nach wie vor angebracht. Es ist im Alltag leider keine Tendenz erkennbar, dass der Ernst der Lage heute stärker ins Bewusstsein dringt als vor vierzehn Tagen. Dies gilt aber auch für andere Bevölkerungsgruppen. Warum legen sich beispielsweise vier fröhliche Rentner im Drogeriemarkt vor dem Computer regelrecht übereinander, um gemeinsam ihre Fotobestellung abzuwickeln? Oder warum bloß ist es so schwierig, die Maske bereits über die Nase zu ziehen, wenn man gemeinsam mit vielen anderen auf die Stadtbahn wartet – und nicht erst, wenn man einsteigt? Was ist so schwierig zu verstehen an dem Appell, Kontakte für eine kurze Zeit auf das Allernötigste zu beschränken? Und so dazu beizutragen, dass es keine lange Zeitspanne werden muss. Mahnen die steigenden Todeszahlen und Inzidenzen immer noch nicht zu Vernunft, Disziplin und Solidarität? Wie hoch müssen sie denn noch steigen, liebe Glühweintrinker, die Ihr Euch in Gruppen durch die Fußgängerzone wälzt – sogar ohne Maske, weil man zum Trinken halt den Mund braucht? Das immerhin versteht jeder. Hingegen stellt die Pandemie und ihre Bewältigung zu viele Zeitgenossen ganz offenbar vor eine zu große intellektuelle Herausforderung. Daher ist der Bundeskanzlerin nur bedingt zuzustimmen, wenn sie lobt: „Wenn die Pandemie etwas Gutes hat, dann dass sie uns zeigt, wozu wir Menschen in der Lage sind, wenn wir das Herz in die Hand nehmen“. Mindestens ebenso wichtig wäre es, das Hirn – na ja, vielleicht nicht in die Hand, aber – in Betrieb zu nehmen. Sonst wird das wirklich nichts! Nicht mit Weihnachten, nicht mit Silvester und womöglich nicht mal mit Ostern…

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