Fasching, schwarze Gesichter und der Neckar

Das Rundgeschaut Politisch korrekt zum Fasching – im dicken Fell löste bei mir einiges aus, vor allem eine Erinnerung an meinen Besuch 2012 im weltberühmten Stratford upon Avon. Unvermittelt trafen wir auf einer Stratforder Straße eine Gruppe wilder Border-Morris-Tänzer, wilde Kerls, die bunt kostümiert, laut, tanzend Knüppel aneinanderschlagen, was rhythmischen Krach erzeugt. Und: Die Männer hatten sich die Gesichter geschwärzt! Ein jahreszeit-ungebundenes Stück Karneval im UK!

Diskussionsbeitrag von Niels Clasen, Wangen

Es gibt, wie Youtube deutlich zeigt, allerhand solche Border-Morris-Gruppen, ursprünglich reine Herrentrupps, inzwischen oft gemischt. Im Internet zu findende Fotos aus Stratford (Beispiele: https://www.shutterstock.com/search/black-face-morris-dancers) decken sich prima mit meiner Erinnerung, es könnten glatt die gleichen Leute sein.

Leider fand ich kein Video von dort, aber ein anderer Youtube-Link trifft die Sache gut, auch wenn von anderswo und inzwischen geschlechter-gemischt. Aber geschwärzte Gesichter! Schaun Sie mal: https://www.youtube.com/watch?v=g1A72NwWuxg

In neueren Videos ist die Schwärzung meist weg! Denn natürlich sind die schwarzen Gesichter in die Kritik geraten, das sei rassistisch, da werde kulturell angeeignet etc. Dabei gehen die Bräuche mit ziemlicher Sicherheit auf alte Zeiten zurück, als sich die englischen „Länd“-Leut‘ immer wieder zu Widerstands- oder auch räuberischen Aktionen (Stichwort outlaw!) gezwungen sahen. Dafür haben sie sich die Gesichter geschwärzt, einfach um nicht so leicht erkannt zu werden. Aber Geschichte interessiert heut‘ leider wenig.

Das Geschichts-Desinteresse erinnert mich an die armen drei Dörfer mit Namen Neger, im westerwäldlichen Tal des Flüsschens (ja wirklich!) Neger: Unter-, Mittel- und Oberneger. Die sollen unbedingt und möglichst noch gestern ihre Namen ändern, wegen Rassismus-Gefahr! Die Dörfer heißen seit Jahrhunderten so, ein Dorf dortselbst mit dem einfachen Namen „Neger“ ging bereits vor dem Jahre 1200 unter. Auch hier interessiert die woken Leut‘ wenig, dass die Örter nach dem Fluss heißen, so wie die Gesichtsschwärzung auf die Outlaws zurückgeht.

Flussnamen gehören zu den ältesten und stabilsten Namen, sie erhalten sich oft über Jahrtausende m.o.w. ähnlich. So wie die Morris-Bräuche immerhin über Jahrhunderte. So sicherlich auch der Flussname Neger.

Als die Römer vor zwei Jahrtausenden hierher kamen, fanden sie den Namen „Neckar” schon vor, latinisierten das damals Gehörte zu Nicer. Wahrscheinlich von keltisch (oder noch älter): Nicar, Necar, Negar oder – hoppla – vielleicht sogar Neger.

Wikipedia zum Neckar: „Als ursprüngliche indogermanische Namensform wird *Nik-r-os angenommen, was so viel wie ‚heftiger, schneller Fluss‘  bedeutet … Dieselbe Etymologie hat der Fluss Necker … in der Nordostschweiz. Die Germanen … übernahmen diesen Namen von den Kelten; schon im 8. Jahrhundert erscheint der Name Neckar in seiner heutigen Schreibung in althochdeutschen Urkunden, … im Mittelhochdeutschen finden sich daneben Schreibungen wie Necker, Nekker und (ups!) Negger.“ Nur noch ein Schrittchen zum nordhessischen Neger.

Lasst den Dörfern ihre Namen, mit dem „N-Wort“ hat das nix zum do! Lasst den Morris-Tänzerinnen und -Tänzern das schwarze Gesicht und: Lasst den Närrinnen und Narren die Kostüme! Das Problem ist das Denken und das Reden, sind wir Menschen. Und da kann ich nur sagen: Auch im Fasching sollten wir Takt nicht völlig vergessen… Und laden wir die „Betroffenen“ ein, sich doch endlich einmal über die schon länger hier ansässigen Leut‘ lustig zu machen. Fällt sicher nicht so schwer!


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