Förder-Fiasko – wie kommt die Kuh vom Eis?

Stuttgart-Sillenbuch, [post_published] … Über 6.767 Euro an Zuschüssen aus dem Bezirksbudget wollte der Sillenbucher Bezirksbeirat in seiner jüngsten Sitzung beraten. Das Ergebnis ist ein Fiasko: Nach einem Anruf des Rechnungsprüfungsamts bei der Bezirksverwaltung durfte über das Gros der Anträge nicht beschlossen werden.

Wegen eines Formfehlers gehen nun die Sillenbucher Meile mit ihren Zuschussanträgen zum Sillenbucher Sommerfest sowie die Evangelische Kirchengemeinde Riedenberg mit ihrem Antrag auf eine finanzielle Unterstützung für die Verschönerung des Kirchenvorplatzes leer aus. Einzig ein Antrag der Freiwilligen Feuerwehr Heumaden entsprach den Richtlinien.

Bürokratie trifft auf Pragmatismus

Nach den Statuten für die Zuschussvergabe dürfen Mittel nur bewilligt werden, sofern der Antrag vor Beginn der Maßnahme gestellt wurde. Wohlgemerkt: Nur der Antrag muss gestellt werden, die Bewilligung der Fördermittel kann durchaus später erfolgen. In der Praxis wurde davon wohl häufig abgewichen, wie auch jetzt das Sillenbucher Vorgehen zeigt.

Und dies ist verständlich, wenn man die Mehrbelastung durch eine – eigentlich in jedem Fall zu fordernde – Antragstellung vor Maßnahmenbeginn betrachtet. Der stellvertretende Bezirksvorsteher Hans Peter Klein beschrieb die pragmatische Vorgehensweise im Sillenbucher Bezirksrathaus: Eine förderfähige Maßnahme wird durchgeführt, danach werden die Ehrenamtlichen bei ihm vorstellig mit ihrem Antrag mit Belegen, und sobald der Bezirksbeirat die Förderung an sich und den Förderbetrag beschlossen hat, wird abgerechnet. Ganz ohne Abschlagszahlungen und Einfordern eventueller Rückzahlungen.

In der Sache besteht kein Unterschied, denn der Bezirksbeirat handelt als Souverän, berät anhand von städtischen und eigenen Richtlinien und entscheidet frei. Jeder Verein, jede Organisation weiß, dass ein Risiko besteht, eine Ablehnung zu kassieren, sofern man nicht erst nach dem Vorliegen eines positiven Bescheides eine Maßnahme durchführt.

Unterstützung ehrenamtlichen Engagements durch Kontinuität bei der Fördergeld-Vergabe

Da in Sillenbuch die allermeisten Zuschussanträge wiederkehrend sind – beispielsweise für Weihnachtsbäume und -beleuchtungen, für bedeutende Feste oder Straßensperrungen –, hat sich auch der Bezirksbeirat darauf eingestellt und sorgt so für Kontinuität und Verlässlichkeit. Die jahrelange Praxis hat sich als eine bedeutende Unterstützung des ehrenamtlichen Engagements im Stadtbezirk bewährt. Hier arbeiten Bezirksverwaltung, Beirat und Ehrenamtliche Hand in Hand.

Das Rechnungsprüfungsamt hat nun moniert, dass es zu Unregelmäßigkeiten gekommen sei, und mit sofortiger Wirkung die bisherige Praxis gestoppt. Das ist nach den Buchstaben des Gesetzes sicherlich nicht zu beanstanden. Doch nicht zu verantworten haben diesen Fehler die Ehrenamtlichen, die sich darauf verlassen durften, dass auch dieses Jahr wieder ihr Antrag wohlwollend beschieden wird. Das Geld ist ja im Bezirkstopf für genau diese Fälle vorgesehen. Es ist eingeplant. Und bei allen Anträgen, die nun nicht behandelt werden durften, hätte es in der Sache überhaupt keinen Unterschied gemacht, wenn der Antrag vor der Maßnahme gestellt worden wäre.

Dem Steuerzahler ist kein Schaden entstanden

Geht es hier nun „ums Prinzip”, und die Bürger dürfen es ausbaden? Hier hätte die Stadtverwaltung mit Augenmaß handeln sollen – zumindest mit einer Karenzzeit für noch anhängige Anträge, bei gleichzeitiger Aufforderung zur Einhaltung der Richtlinie bei künftigen Anträgen.

Einsicht und Kooperation sind in Sillenbuch gegeben: Zeitnah sollen alle Vereine und Organisationen auf die Einhaltung der Richtlinie und eine korrekte Antragstellung hingewiesen werden. Festzuhalten ist: Selbst wenn ein Formfehler vorliegt, es ist dem Steuerzahler kein Schaden entstanden. Die Fördergelder sind für genau die bewilligten Zwecke vorgesehen, und über jeden einzelnen Antrag entscheidet der Bezirksbeirat gewissenhaft. Der Budgettopf ist auch noch ausreichend gefüllt.

„Kreativität” ist nicht der richtige Weg

Doch wie kommt nun die Kuh vom Eis? Bezirksvorsteher Peter-Alexander Schreck echauffierte sich über „bürokratisches Klein-Klein” und riet Antragstellern zu „Kreativität” bei der Antragstellung, um doch noch an die Fördergelder zu gelangen. Doch dies kann nicht der richtige Weg sein. Eine Stadtverwaltung, die immer wieder die Bedeutung des ehrenamtlichen Engagements betont, sollte hier einen Gang zurückschalten und diese Scharte schnellstmöglich auswetzen. Und wenn sie nicht von selber drauf kommt, dann könnte immer noch der Bezirksbeirat – erforderlichenfalls mit Unterstützung des Gemeinderats – sie deutlich darauf aufmerksam machen.

Ab dem nächsten Jahr soll es neue Förderrichtlinien fürs Bezirksbudget geben, die die eigenen Richtlinien der Stadtbezirke obsolet machen sollen. Da sollte man sich die Sinnhaftigkeit der Abhängigkeit der Förderung vom Zeitpunkt der Antragstellung nochmals genau ansehen. Angesichts von Personalmangel in der Verwaltung sollte auch die Vergabe von Fördergeldern so pragmatisch wie möglich erfolgen.

Foto: Für das Sillenbucher Sommerfest soll es wegen eines Formfehlers diesmal keine Fördermittel aus dem Bezirksbudget geben.

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