Hedelfinger Straße – Wie wird das ohne Baustelle?
Stuttgart-Hedelfingen/Wangen … „Die Hauptradroute 2 ist nun zwischen den Otto‐Konz‐Brücken und dem Hedelfinger Platz ausgebaut”, heißt es in einer Pressemeldung der Stadt Stuttgart vom 28. Oktober. Dies sei „ein weiterer Schritt zur nachhaltigen Mobilität in der Stadt”, lobt sich die Verwaltung. Die Anwohner entlang der Hedelfinger Straße und alle Pendler zwischen Hedelfingen und Wangen werden sich vor allem darüber freuen, dass die lange Zeit der Baustellen und Umleitungen endlich vorbei ist. Doch wie wird das wohl ohne Baustelle? Und wie geht es weiter?
Die Hauptradroute 2 war von Anfang an nicht unumstritten. Selbst eingefleischte Radler hatten von Beginn der Planungen an Zweifel, ob das wirklich ein Fortschritt ist. Nicht wenige hätten eine Route „hintenrum” und durch ruhige Ortsstraßen bevorzugt. Trotz eigener Spur radeln auch jetzt noch viele lieber über Gehwege, obwohl sie das nicht dürfen. Nicht nur Autofahrer sind findig, wenn es darum geht, schnell voran zu kommen. Auch Radfahrer erweisen sich als einfallsreich. Eine rote Ampel auf dem Gehweg zu umfahren und sich anschließend wieder in den fließenden Verkehr einzureihen, ist eine beliebte Ausweichstrategie. Augenscheinlich kann auch die neue Hauptradroute dies nicht verhindern.
Reizüberflutung durch Striche und Fahrbahnsymbole
Neben dem Bedürfnis, schnell ans Ziel zu kommen, streben Radfahrer nach Sicherheit. Ist die neue Radroute zwischen Hedelfingen und Wangen in dieser Hinsicht ein Fortschritt? Skepsis sollte erlaubt sein. Die Vielfalt der neuen „Straßenstriche” und Radsymbole ist keineswegs unterkomplex. Es gibt weiße Striche und blaue Striche, durchgezogene Striche und unterbrochene Striche, einfache Striche und doppelte Striche, Fahrradsymobole auf dem Radstreifen und Fahrradsymbole auf der Straße, in eine Richtung zeigende Fahrradsymbole und in beide Fahrtrichtungen zeigende Symbole. Dazwischen Ampeln, Stadtbahnhaltestellen, Zebrastreifen, Fahrbahnverschwenkungen und -verengungen, Wender, Straßeneinmündungen, und ein neuer Kreisverkehr an den Otto-Konz-Brücken in Wangen, über den auch die Stadtbahn fährt. Ein zweiter Kreisel unmittelbar dahinter bindet die Kesselstraße an.
Aus Autofahrersicht erscheint diese Reizüberflutung mindest so gewöhnungsbedürftig wie für Radler, deren vermeintliche Exklusivroute mehrfach im Nirwana endet. Dass sich auf der Hedelfinger Straße eine durchgängige eigene „Route” für Radfahrer befindet, ist leider eine Illusion geblieben. Radler realisieren dies spätestens dann, wenn sie sich von einem Moment auf den anderen den Straßenraum wieder mit Autos teilen müssen. Mischverkehr nennt man das. Im Stuttgarter Rathaus und den zuständigen Ämtern hält man diese Form des Miteinanders übrigens für besonders sicher. Argument: Im Mix der unterschiedlichen fahrbaren Untersätze passt man besonders gut aufeinander auf. Da kann man nur die Daumen drücken – aber bitte nicht am Steuer oder am Lenker!
Offene Fragen auf dem Weg zu einem ganzheitlichen Verkehrskonzept
„Die Gesamtkosten belaufen sich auf rund 6,5 Millionen Euro”, hat man bei der Stadt Stuttgart jetzt ausgerechnet. Als die Pläne Gestalt annahmen, war von insgesamt 12,3 Millionen die Rede. Darin inbegriffen war allerdings der ganze Rest der Route bis nach Stuttgart-Ost, der noch gebaut werden muss.
Auch auf der anderen, der Hedelfinger Seite gibt es noch Planungs- und Baubedarf. Im Bezirksbeirat Hedelfingen erinnert man sich noch gut an einen Beschluss aus dem Jahr 2019, wonach die Hauptradroute „auf Hedelfinger Gemarkung erst nach verbindlicher Einstellung von Haushaltsmitteln für die Umgestaltung des Hedelfinger Platzes” erfolgen solle. Dort könnte ein Kreisverkehr entstehen. Aber nach einer abschreckenden Verkehrssimulation, die auch schon wieder zwei Jahre alt ist, hörte man nicht mehr viel über das Projekt. Folge: Nach wie vor ist ein Kreisverkehr Zukunftsmusik – verkehrsplanerisch wie finanzpolitisch. Zwar gibt es bei der Stadt erklärtermaßen die Absicht, die Simulationsergebnisse des Gutachters noch einmal nachzurechnen. Doch ob das zu einem klaren Ja führen wird, ist offen.
Bis dato endet die Hauptradroute in Richtung Hedelfingen ein gutes Stück vor dem Hedelfinger Platz. Aus Hedelfinger Sicht ein Muss, damit der Rückstau hinter der Doppelspur mit Linksabbieger in Richtung Obertürkheim und Rechtsabbieger in Richtung Heumaden in der Rush Hour nicht zur Zumutung wird. Aus Radfahrersicht ist die Anbindung der Hauptradroute 2 in Hedelfingen an den Esslinger Radschnellweg offen. Und für die Otto-Hirsch-Brücken, die so ziemlich alles an Verkehr zu verkraften haben, was denkbar ist, gibt es – vorsichtig formuliert – noch Verbesserungsbedarf. Viele offene Fragen also.
Ist Geld da für weitere Etappen?
Betrachtet man die Verkehrsbeziehungen in, um und zwischen Hedelfingen und Wangen ganzheitlich, dann erscheint die von der Stadt Stuttgart als „Schritt zur nachhaltigen Mobilität” gefeierte Hedelfinger Straße bloß als eine Etappe auf einem noch langen Weg zu einem schlüssigen Verkehrskonzept. Aber: Werden im Stadthaushalt für die beiden kommenden Jahre dringend notwendige Mittel für die Planung und Realisierung weiterer Etappen zu finden sein? Bis jetzt zeichnet sich das noch nicht ab.
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