Liebe Frau Gesangsverein!

Liebe Mitglieder und Mitgliederinnen! So begrüßt ein Verein auf seiner Internetseite seine – ja genau: Mitglieder und Mitgliederinnen. Wer sprachlich im vergangenen Jahrhundert sozialisiert wurde, zuckt unweigerlich zusammen. Mitgliederinnen? Lieber Herr Gesangsverein und liebe Frau Gesangsverein! Natürlich ist klar, wer gemeint ist. Aber: Kann man das wirklich so sagen und schreiben? Ist das korrektes Deutsch? Nein, ist es nicht! Und deswegen muss dies auch in aller Deutlichkeit gesagt werden. Denn: Ein Gendern auf Teufel komm raus nützt niemandem. Korrektes Deutsch ist gleichberechtigt! Der Sprachratgeber des Duden sieht in dem Versuch des Vereins, der „Mitgliederin” etwas Gutes tun zu wollen, einen Schuss übers Ziel hinaus: „Das Wort Mitglied ist nämlich gar keine typische Personenbezeichnung auf -er, an die ein -in für die feminine Form angehängt werden könnte. Es ist ein Neutrum (das Mitglied) und bezeichnet sowohl Frauen als auch Männer. ‚Liebe Mitglieder‘ reicht daher völlig aus.” Selbst genderleicht.de, ein Projekt des Journalistinnenbundes, meldet offen Zweifel an. Auch die vielleicht noch ein wenig weniger falsche „Mitgliedin” wird dort als Humbug bezeichnet. Bei aller Liebe zu Feminismus und Gleichberechtigung: Es gibt eben in unserer Sprache Worte, die sich vielleicht mit Gewalt verweiblichen lassen, dadurch wird aber keineswegs das Verständnis gefördert. Schlimmer noch: Das an sich ehrenwerte Vorhaben wird lächerlich gemacht. So stelle man sich vor, eine „Mitgliederin” käme mit einer „Gästin” zu einem Sportwettbewerb, um eine „Starin” bei der Ausübung ihres Sports zu bewundern. Das wäre wohl ähnlich nah am Kalauer wie die – biologisch durchaus herzuleitende – Überlegung, dass das weibliche Pendant von „Mitglied” ein „Ohneglied” ist.

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