Ist das innere Geländer das neue Rückgrat?
Nun haben wir eine neue Bundesregierung. Der Bundeskanzler ist gewählt. Die Ministerriege ist ernannt. Jetzt kann die Arbeit beginnen. Die Arbeit am Fortschritt. Laut Überschrift auf dem Koalitionsvertrag ein Wagnis. Da ist es gut, wenn es Dinge und Mitmenschen gibt, die die Verantwortlichen stützen und auf dem rechten Weg halten. Vielleicht deswegen war und ist in der politischen Diskussion oft die Rede von „Leitplanken”. Sicher nur das Letzte, das Halt geben sollte, wenn „rote Linien” überschritten sind. Aber eine bewährte Einrichtung, wenn es darum geht, aus der Spur Gekommene vor Abwegen und größerem Ungemach zu schützen. Auch wenn der Kontakt mit einer Leitplanke meistens Beulen und Schrammen hinterlässt. Besser als auf Kollisionskurs zu geraten ist es natürlich, wenn man über ein eingebautes Sicherheitssystem verfügt. Ein „inneres Geländer” könnte so etwas sein. Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner attestierte dem neuen Kanzler Olaf Scholz, über ein solches zu verfügen. Man kennt das künstliche Hüftgelenk oder Knie und das Zahnimplantat. Aber: ein inneres Geländer?! Früher wünschte man sich immer Politiker, die über Rückgrat verfügen. Doch in unseren bewegten Zeiten ist ein Geländer besser als nichts. Ein Geländer kann Halt geben. Wenn man danach greift. Denn: Offenbar ist es zunehmend ein Problem, das Gleichgewicht zu finden und zu halten. Darauf deutet auch hin, dass immer häufiger in Politkreisen gefordert beziehungsweise angeboten wird, sich „unterzuhaken”. Einen neben sich gehen zu haben, ist allerdings auch nicht ohne Risiko. Erst recht jetzt: Aktuell ist das Unterhaken wohl nur unter Einhaltung der 3G-Regel zu empfehlen. Und bitte schön die FFP2-Maske über Mund und Nase vorm Einhaken! Dann aber kann es losgehen. Step by step. Auf dem „1,5 Grad-Pfad”, den der Co-Vorsitzende der Grünen Robert Habeck gerne beschwört. Eine Einbahnstraße. Denn: Alles, was im 177 Seiten starken Koalitionsvertrag steht, soll uns „voranbringen”. Gelegentliche Stopps sind aber wohl einzuplanen. Die Lebenserfahrung lehrt: Manchmal kreuzt irgendeiner oder irgendetwas den eigenen Weg. Dann können Richtungsänderungen notwendig werden. Doch das muss kein Grund zu der Sorge sein, dann gehe es rund. Schließlich haben wir keinen Kreisverkehr, sondern eine „Ampel”.
Rundgeschaut … Die wöchentliche WILIH-Kolumne