Nill-Areal – Pflegestift prächtig, Hochhaus mächtig

Stuttgart-Hedelfingen … Ein wichtiges Stück Stadtplanung stand am 21. Juni auf der Tagesordnung des Hedelfinger Bezirksbeirats. Eine Stadtplanerin und zwei Vertreter der Münchener Immobiliengesellschaft DIBAG sprachen über die Entwicklung des Nill-Areals an der Hedelfinger Straße 136 bis 152. Auf fruchtbaren Boden fielen die Pläne, ein Pflegeheim zu bauen – Plätze für die stationäre Altenpflege sind nämlich rar. Weniger Begeisterung löste bei den Bezirksbeiräten die Idee aus, vor den Toren Hedelfingens ein 15-stöckiges Wohnhochhaus zu errichten.

Die Idee der Stadt ist es, auf dem Nill-Areal Wohnen, Pflege und vielleicht noch andere Nutzungen zu ermöglichen. Bis zum vergangenen Jahr war dies noch offen. Die Stadt Stuttgart hatte ursprünglich Interesse gehabt an einem Tausch ihres Turnhallengrundstücks auf der anderen Straßenseite gegen das inzwischen der DIBAG gehörende Nill-Areal. Da sie sich dann aber entschieden hatte, ihre Turn- und Versammlungshalle an der Hedelfinger Straße 149 abzureißen und dort wieder eine neue zu bauen, war die Idee eines Grundstückstauschs vom Tisch. Seit April sind Stadt und DIBAG aber wieder im Gespräch. Der Investor strebt nun eine eigene Entwicklung des Areals an.

Bedarf an Altenpflegeplätzen ist hoch

Julia Cavcic, die im Stuttgarter Amt für Stadtplanung und Wohnen unter anderem für Hedelfingen zuständig ist, erklärte den planerischen Rahmen. Um auf dem Gelände, das früher der Autoverwertung Nill gehörte (daher der Arbeitstitel Nill-Areal) Wohnen zu ermöglichen, sei das bisherige Gewerbegebiet in ein Mischgebiet umzuwidmen – eine planungsrechtliche Voraussetzung.

Bedarf sieht die Stadt in der Altenpflege. In den Neckarvororten fehlten 360 Pflegeplätze, 40 davon allein in Hedelfingen, berichtete Cavcic. So entstand bei der Stadt die Vorstellung, auf dem Nill-Areal bis zu viergeschossige Gebäude (6,5 bis 9 m Höhe) für betreutes Seniorenwohnen und ein Pflegeheim zu errichten.

Der Bezirksbeirat war nicht abgeneigt, wünscht sich jedoch eher eine gemischte soziale Nutzung. Dies soll weiter möglich bleiben, sagte Julia Cavcic zum Stand des Verfahrens. Ein „konkretes Konzept” gebe es bei der Stadt derzeit noch nicht.

Ganz anders bei der DIBAG.Planungsleiter Jörg Fricke und der Stuttgarter Niederlassungsleiter Vladimir Szichta präsentierten bereits konkrete Vorstellungen für ihr Grundstück an der Hedelfinger Straße 136 bis 152, das sich über den einmündenden Alosenweg erstreckt.

DIBAG wirbt mit schneller Realisierung

Ein Vorschlag sieht ein Wohnhochhaus am Beginn des Areals (von Wangen kommend) vor – mit 15 Geschossen. Nach einem folgenden – quer zur Hedelfinger Straße angeordneten – Wohnhaus sehen die Entwickler einsamt Dachetage fünfgeschossiges Pflegestift in der Form eines zum Hang hin offenen U vor. Kleiner sei es nicht wirtschaftlich, hieß es. Betrieben werden soll das Pflegestift von einem spezilisierten Betreiber. Einen Kandidaten gibt es wohl schon. Ein Name wurde noch nicht genannt.

DIBAG-Modellpräsentation mit Hoichhaus in Blickrichtung Wangen
Ein Hochhaus vor dem Ortseingang schreckt die Hedelfinger Bezirksbeiräte

In einer zweiten Planvariante wird auf das Hochhaus verzichtet. Wohnen und betreutes Seniorenwohnen sowie Pflegestift sollen in zwei U-förmigen Wohnblöcken mit jeweils vier Geschossen möglich werden. Alles komplett unterkellert mit einer Tiefgarage. Als Referenz für ihre Art zu bauen, verwiesen die DIBAG-Vertreter auf Ihr Projekt Obere Walke in Backnang, wo allerdings ein größeres Stadtquartier bebaut wird.

Die Geschossflächenzahl werde „erheblich” überschritten, gab Planungsleiter Frick zu. Die jetzigen Vorschläge seien ein „Gesprächsangebot”. Auf Nachfrage zeigte sich Jörg Fricke optimistisch, bei einer schnellen Einigung noch in diesem Sommer einen Bauantrag stellen und dann im Frühjahr 2023 mit dem Bau beginnen zu können. Erfahrungsgemäß dauere der Bau dann 18 Monate. Da staunten die Bezirksbeiräte.

In der Diskussion zeigten sich die Lokalpolitiker zwar aufgeschlossen. Die Größe des Vorhabens stimmte sie aber bedenklich. So erinnerte Carmen Mammoser-Walddörfer (SPD) daran, dass man eigentlich das Ziel habe, Generationen zu mischen, alte Menschen profitierten davon. Mario Graunke (CDU) stößt sich an der massiven Bebauung, das sei zu mächtig für den Ortseingang. Jürgen Klee (Grüne) findet die Geschossanzahl untypisch für das Gebiet. Und Annette Baisch wünscht sich eine sozial ausgewogenere Mischung der Nutzungen sowie eine gefälligere Optik der Gebäude. Tobias Dees (FDP) zeigte sich von der Schnelligkeit der DIBAG angetan.

Eine weitere stadtplanerische Überlegung brachte Kai Freier ins Spiel. Er fragte, ob die Einmündung des Alosenwegs auf die Hedelfinger Straße künftig noch notwendig sei. Damit erinnerte der Bezirksvorsteher an Überlegungen bei der städtischen Verkehrsplanung, den Alosenweg an der Stelle zu schließen.

Erste Pläne liegen nun also auf dem Tisch. Erste Reaktionen auch. Jetzt kann die Planung weitergehen. Wann in Hedelfingen ein neues Pflegeheim beziehbar wird, steht aber noch in den Sternen.

Das Foto ganz oben zeigt das DIBAG-Modell für eine Bebauung mit Hochhaus (oben rechts) und Pflegestift (links), das in der öffentlichen Sitzung des Hedelfinger Bezirksbeirats am 21. Juni gezeigt wurde.

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