Moritz wird 50 – Bücherbus feiert Jubiläum

Stuttgart … Am 25. Februar 1971 sahen die Stuttgarter zum ersten Mal den Bücherbus der Stadtbibliothek durch das Stadtgebiet fahren. „Bücherwagen“ wurde er damals noch genannt. Mit 4.000 Büchern ausgestattet, besuchte er acht Haltestellen, drei davon im (heutigen) WILIH-Land: Heumaden, Sillenbuch, Hedelfingen, Obertürkheim, Büsnau, Fasanenhof, Birkach und nach der Fertigstellung des Hochhauskomplexes „Hannibal“ auch den Asemwald.

Nach den ersten zwei Monaten hatte der „Bücherwagen“ bereits 2.000 neue Leser gewonnen, mehr als die Hälfte waren Kinder. Schon 1972 wünschte sich Büchereileiter Wolfgang Thauer einen zweiten Bücherbus, um alle Gebiete ohne Stadtteilbibliothek mit Literatur versorgen zu können. Außerdem bemerkte er: „Der ist bei den jungen Leuten ‚in‘.“

Oberbürgermeister Rommel übergab am 31. Januar 1977 den zweiten „Bücherwagen“ seiner Bestimmung und taufte ihn auf den Namen „Max“. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden in den vorangegangenen sechs Jahren insgesamt 665.000 Bücher ausgeliehen. 2019 zählten die Bibliotheksbusse allein in einem Jahr 222.396 Ausleihen.

Seit den 70er-Jahren gehören die Bibliotheksbusse „Max“ und „Moritz“ im wechselnden Gewand zum Stuttgarter Stadtbild und haben die Lese- und Lernbiografien unzähliger Stuttgarter entscheidend geprägt. Auf vielen Stadtfesten waren die Busse mit ihren Vorleseaktionen eine beliebte Attraktion. Im Laufe der Jahre wurde „Moritz“ zweimal und „Max“ einmal ersetzt, da die Technik den neuen Umweltauflagen nicht mehr gerecht wurde. 1987 wurde „Moritz II.“ von Lieselotte Rommel, der Gattin des Oberbürgermeisters, im Hof des Wilhelmspalais getauft. Damals wurden an der Haltestelle Sillenbuch innerhalb von zwei Stunden bereits über 500 Bücher ausgeliehen. Als der Bus nach 22 Jahren an Altersschwäche litt, war es zunächst fraglich, ob er ersetzt werden konnte, da die Stadt zu der Zeit massive Einsparungen leisten musste. Die Bewohner der betroffenen Stadtteile kämpften jedoch mit Unterschriften- und Plakataktionen für ihren Bücherbus, so dass 2013 „Moritz III.“ feierlich auf dem Marktplatz eingeweiht wurde.

20. Knausbira-Sonntag Stuttgart Hedelfingen 9.10.2016
Der moderne Bücherbus Max beim Knausbira-Sonntag 2016 in Hedelfingen

Die Anzahl der Haltestellen wurde im Laufe der Jahre immer wieder den Bedürfnissen angepasst. Aktuell besuchen die beiden Busse nachmittags 21 Haltestellen. Bereits Anfang der 90er-Jahre entwickelte die Stuttgarter Fahrbibliothek ein Sprach- und Leseförderungsprogramm für Kindergärten und Grundschulen, das bundesweit von anderen Fahrbibliotheken übernommen wurde. Seitdem wurde die Zusammenarbeit mit Stuttgarter Bildungseinrichtungen konstant weiterentwickelt. Bis zum ersten Lockdown im März 2020 besuchten die Busse am Vormittag regelmäßig über 20 Grundschulen und fast ebenso viele Kindertagesstätten. Kinder werden spielerisch in die Abläufe der Bibliothekbusse eingeführt und mit einem großen Medienangebot sowie Lese- und Sprachprogrammen unterstützt.

Während des Lockdowns gibt es die Möglichkeit, über den Medien-Abhol-Service der Stadtbibliothek Bücher und andere Medien zu bestellen und an den Haltestellen abzuholen. Bildungseinrichtungen können sich Medienkisten zu Themen wie Wald, Klima, Piraten oder Kulturen zusammenstellen lassen sowie Aktionspakete mit Kopiervorlagen, Anleitungen und Materialien zu „Fake News“, Nachhaltigkeit, Schreibspielen oder Buchvorstellungen bestellen.

Fahrbibliothek Stuttgart

Die Fahrbibliothek Stuttgart wurde 1971 für die Einwohner Stuttgarts ohne ortsfeste Stadtteilbibliothek in ihrem Bezirk gegründet. „Max“ und „Moritz“, die beiden Bibliotheksbusse, sind mit rund 4.500 Medien pro Bus im Stuttgarter Stadtgebiet unterwegs. 30.000 Medien befinden sich außerdem im Depot im Stuttgarter Osten. Beide Busse fahren vormittags Kindergärten und Schulen an. Nachmittags bedienen sie auf verschiedenen Routen öffentliche Haltestellen zur Ausleihe von Medien für alle Bevölkerungskreise.

Ausstattung

Der erste Bücherbus („Moritz“) wurde von der Firma Gottlob Auwärter KG erstellt. Es sollten sich gleichzeitig 60 Personen darin aufhalten können! Er war 12 Meter lang, 2,5 Meter breit und 3,5 Meter hoch. An den Seitenwänden und am Heck waren Regale befestigt.

Der zweite Bücherbus („Max“) ist 1977 ebenfalls von der Firma Neoplan/Auwärter gebaut worden. Es gab zwei Ausleihplätze, Bilderbuchtröge, Zeitschriftenhalterungen, Tageslicht über großzügige Dachflächenfenster und einen Vordereinstieg. Die Busse waren schon damals auf ein Fassungsvermögen von 4.000 bis 4.500 Medien ausgerichtet. Der zweite „Moritz“, getauft 1987 von Lieselotte Rommel, hatte erstmals eine Klimaanlage.

Die aktuellen Busse haben eine Standheizung, Klimaanlagen, je zwei Ausleihplätze mit RFID- Technik, einen Veranstaltungslaptop und eine Leinwand, Solaranlagen auf dem Dach und jeder eine Markise. Sie führen Sachliteratur, Kinderbücher und Kindermedien, Hörbücher, Romane, CDs, Spielfilme, Konsolenspiele und Zeitschriften mit sich. Der Bestand wird laufend aktualisiert.

Haltestellenarbeit in den Stadtbezirken am Nachmittag

Die Fahrbibliothek hält gegenwärtig nachmittags an 21 Haltestellen, zwischen 30 und 195 Minuten, im ganzen Stadtgebiet. Damit soll in Stadtbezirken ohne ortsfeste kommunale Bibliothek eine wohnortnahe Literatur- und Medienversorgung sichergestellt werden – insbesondere für weniger mobile Personenkreise wie Kinder, Familien mit Kleinkindern, Senioren und Menschen mit Handicap.

Sprach- und Leseförderung für Kinder

Die Fahrbibliothek fördert die Sprach- und Lesefähigkeit der Kinder in Kindergärten und Schulen. Hierfür arbeitet sie aktuell mit 35 Stuttgarter Institutionen zusammen, die in ihrem Einzugsgebiet keine ortsfeste Bibliothek haben.

Foto oben: Der erste Bücherbus Moritz 1971-1987 (Foto und Rechte: Stadtbibliothek Stuttgart)

Quelle: Stadt Stuttgart

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