Radfahren – Abenteuer zwischen Strichen und Symbolen

Es wird langsam unübersichtlich. Den alleinigen Radweg, auf dem außer Radfahrern niemand etwas zu suchen hat, gibt es – tja, wo gibt es den? Stattdessen begegnen Radler einer inzwischen kaum noch zu überschauenden Vielfalt von Streifen, Schildern und Piktogrammen, die alle irgendwas mit der Steuerung des Radverkehrs zu tun haben. Die Kirchheimer Straße in Sillenbuch säumen beispielsweise – neben den Gehwegen – Fahrradstreifen, die auf beiden Straßenseiten in beide Richtungen befahren werden dürfen. Unterbrochen allerdings von Teilstücken, auf denen sich Fußgänger und Radler den Raum teilen müssen. An der oberen Bockelstraße in Heumaden hat man mehr oder weniger lange Teile der Fahrbahn mit Radstreifen versehen, die sich die Radler aber zum Teil mit den Bussen teilen müssen – wie auch bergab in Richtung Lederberg, wo die Radspur kurz vor der Haarnadelkurve im Nirwana endet. Das ist aber fast ohne praktische Bedeutung, weil die Spur eigentlich nur der Busbeschleunigung dient – da radelt freiwillig sowieso kaum jemand, und wenn, dann gerne auf der Autospur. In Hedelfingen gibt es vor dem Kreisverkehr am Dürrbachplatz Fahrspuren für Autos, Busse und Radler sowie Parkstreifen am Fahrbahnrand – gestrichelte und durchgezogene Linien wechseln sich ab, es gibt Radsymbole und Bus-Schriftzüge auf der Fahrbahn, die teils sogar rotflächig ist. Und zu allem Überfluss existiert in diesem Bereich auch noch eine Stelle, an der die Müllabfuhr die Abfallbehälter am Fahrbahnrand aufnehmen kann. Ebenfalls in Hedelfingen – beim Feuerwehrhaus – gibt es übrigens Stuttgarts wohl kürzesten Radstreifen: Er ist nicht größer als eine Parklücke. Nicht viel länger ist ein ähnlicher Streifen vor dem Stadtbad in Sonnenberg. Wild kreuzende Radstreifen mit rotem Fahrbahnbelag (von Fachleuten gerne „Blutspuren” genannt) fordern auf den Otto-Hirsch-Brücken bei Obertürkheim von Auto- und Radfahrern gleichermaßen höchste Konzentration – erst recht bei Dunkelheit und Regen. Wer da durchgängig die Spur hält, ist ein echter Fahrkünstler! Am Killesberg gibt es jeweils links von parkenden Autos Radstreifen, die mit beidseitig durchgezogenen Linien in weiß und blau markiert sind. Ähnlich wie teilweise in Hedelfingen dürfen Autofahrer zum Ein- und Ausparken die durchgezogenen Linien überfahren. Dürften sie das nicht, würden sie es wohl trotzdem tun. Und jetzt werden in Wangen sogenannte Sharrows auf die Fahrbahn markiert, die auf nochmal andere Weise signalisieren, was eh’ nicht anders geht: Radfahrer haben sich die Straße – möglichst friedlich – mit Autofahrern zu teilen und dürfen nur in die ohnehin vorgeschriebene Richtung fahren. Dass dann am neuen Kreisverkehr bei den Otto-Konz-Brücken (in Richtung Hedelfingen) ein Rechtsabbiegepfeil eigentlich zum Abbiegen auf die Kemptener Straße zwingt, verwirrt alle, dies es bis hier geschafft haben, wahrscheinlich nicht mehr. Allzeit gute Fahrt!

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2 Gedanken zu „Radfahren – Abenteuer zwischen Strichen und Symbolen

  • Der Autofahrer lernt in der Fahrschule, wie er sich im Straßenverkehr zu verhalten hat. Wo lernt das eigentlich der Radfahrer? Er muss ja keine Prüfung ablegen, ob er zum Führen eine Zweirades geeignet ist.

    Welcher Radfahrer weiß, wie er sich am Zebrastreifen oder an der Fußgängerfurt zu verhalten hat bzw. wo lernt er das?
    „Das Überqueren der Straße im Bereich einer Fußgängerfurt ist nur dann möglich, wenn Radler absteigen und das Fahrrad schieben“, was man als Autofahrer selten beobachten kann, im Gegenteil: Man wird beschimpft, wenn man nicht anhält, weil er ja eigentlich kein Fußgänger ist.

    Ist ihm bekannt, dass die Ampeln an den Kreuzungen auch für ihn gelten und die Abkürzung über den Fußgängerüberweg nicht zulässig ist? Er müsste ja dann eigentlich absteigen!

    Welche Rechte hat er gegenüber den Fußgängern bzw. dem Autoverkehr in der Fahrradstraße?

    Wer erklärt ihm, was ein Sharrow ist und was das für ihn bedeutet?

    Kennt er den Unterschied zwischen einem Radstreifen und einem Schutzstreifen?

    Ist ihm bekannt, dass die durchgezogene Linie neben einem Parkstreifen nicht seine Fahrspur markiert, sondern nur vor unaufmerksamen Autotüröffnern schützen soll, obwohl diesen der Schulterblick eingebläut wird?

    Und dass nach Ende des zerzausten Radwegenetzes wieder die StVO gilt?

    Dieser ganze Unsinn wäre nicht nötig, wenn anstatt dem Regulierungswahn in unser Republik wieder der gesunde Menschenverstand die Oberhand gewinnen würde: gegenseitige Rücksichtnahme!

  • Das sog. Stuttgarter Radwegenetz gleicht mehr einem zerzausten Gespinst von meist wenig sinnvoll auf die Straße gepinselten Linien und Symbolen. Zum sicheren Radfahren taugt es meist wenig. Bei manch‘ phantasievollen Radspuranordnungen kann eigentlich nur gelten: „Von diesem Radweg bleibt mein Rad weg!“

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