Tiefenbachhalle: Problem seit fünf Jahren bekannt

Stuttgart-Rohracker, 1. März 2019 … Die Turnhalle der Tiefenbachschule in Rohracker darf nicht mehr als Versammlungshalle genutzt werden. Bekannt wurde dies jetzt, weil der beliebte Kinderfasching deshalb nach Hedelfingen verlegt wurde. Warum jetzt erst? Die Stadt kennt das Problem bereits seit fünf Jahren. Es geht zurück auf eine Brandverhütungsschau im September 2013.

In der Februar-Sitzung des Hedelfinger Bezirksbeirates war zu erfahren, dass eine Brandverhütungsschau in der Turnhalle der Tiefenbachschule Probleme an der Lüftungsanlage zu Tage gefördert habe. In der Folge sei ein Gutachten erstellt worden, das zur Entwidmung der Halle zur reinen Turnhalle geführt habe (WILIH 27.2.2019). Dies bestätigte die Stadt Stuttgart. Allerdings: „Die Brandverhütungsschau fand im September 2013 statt“, teilte Martin Thronberens auf Anfrage von WILIH für das zuständige Schulverwaltungsamt mit. Das dabei ausgelöste Lüftungsgutachten datiere vom November 2014, so der städtische Pressesprecher. Und ein weiteres Jahr später – „mit Schreiben vom 24.9.2015” – habe „das Baurechtsamt mitgeteilt, dass die Turnhalle Rohracker nicht mehr als Versammlungshalle genutzt werden darf“.

Nach Amts-Veto wurde noch dreimal Fasching gefeiert

Aber wem hat das Amt dies „mitgeteilt“? Dem Hedelfinger Bezirksamt jedenfalls nicht, wie Bezirksvorsteher Kai Freier am vorigen Mittwoch auf Anfrage von WILIH bestätigte. Und der Verein SportKultur Stuttgart hat allem Anschein auch nichts davon gewusst. Jedenfalls reagierte dessen Vorsitzender Ulrich Strobel, der zu einem anderen Tagesordnungspunkt in der Februar-Sitzung des Hedelfinger Bezirksbeirates zu Gast war, erstaunt auf die Mitteilung. Und bei der Stadt hat man die angebliche Mitteilung des Baurechtsamtes aus dem Jahre 2015 wohl auch nicht umgesetzt. Zumnindest nicht zeitnah. Denn: In den Jahren 2016, 2017 und 2018 fand in der Tiefenbachhalle weiterhin der traditionelle Kinderfasching der SportKultur statt. WILIH-Berichte über die Veranstaltungen zeugen davon, auf der Webseite des Vereins sind jetzt noch bebilderte Berichte zu lesen.

Erst für den Kinderfasching 2019 zog die Stadt die Notbremse und teilte – in der Weihnachszeit – der überraschten Taekwondo-Abteilung des Vereins, die das Faschingstreffen organisiert, mit, dass die Tiefenbachhalle dafür nicht mehr genutzt werden darf (WILIH online 19.2.2019). Glücklicherweise konnte das Hedelfinger Bezirksamt dem Verein als Ausweichquartier rasch die Turn- und Versammlungshalle Hedelfingen anbieten, in der die Veranstaltung am 24. Februar stattfinden konnte. Die unter der Verwaltung des Bezirksamts stehende Halle hat allerdings auch Lüftungsprobleme. Deshalb musste für die Einwohnerversammlung im Jahre 2017 eine Ausnahmegenehmigung eingeholt werden. Während die Rathausspitze zu den Bürgern sprach, mussten die Fenster offen sein. Außerdem hielten Feuerwehrleute eine so genannte Brandwache.

Durch offene Fenster dringt zu viel Lärm nach außen

Eine solche „brandschutzrechtliche Befreiungsmöglichkeit“ mit dem Zweck, „größere Versammlungen weiterhin genehmigen zu können“, sieht die Stadt laut Martin Thronberens für die Halle in Rohracker derzeit nicht. Die ins Feld geführte Versammlungsstättenverordnung schließe allerdings eine weitere Hallennutzung „für den Schulsport, schulische Veranstaltungen sowie für den Vereinssport“ nicht aus, teilt der Stadtsprecher weiter mit. Nur Versammlungen seien nicht mehr zulässig. Im Schuljahr 2017/18 habe aber bloß eine Versammlung in Rohracker stattgefunden, nämlich der Kinderfasching. Warum auch immer, wenn dies eigentlich seit Ende 2015 schon nicht mehr zulässig war.

Interessant ist die Stellungnahme der Stadt zu der Frage, warum das Lüftungsproblem beim Trainingsbetrieb von Sportlern und dem Schulsport der Grundschüler unbedenklich ist. Es mache einen „Unterschied, ob in einer Turnhalle eine Klasse Sportstunde hat oder sich eine größere Personenzahl aufhält“. Unweigerlich fragt man sich: Ab welcher Zahl ist eine Personenzahl „größer“? Weiter argumentiert die Stadt, dass man „zwischen den Sportstunden bei Bedarf lüften“ könne. Während einer Veranstaltung hingegen sei eine „Lüftung über Fenster nicht möglich“. Der Grund überrascht: die „Lärmemissionen“. Haben die Menschen in Rohracker etwa empfindlichere Ohren als die in Hedelfingen, wo per Ausnahmegenehmigung die Hallenfenster geöffnet werden dürfen? Oder ist der Applaus, den der OB auf einer Einwohnerversammlung am Abend erntet, für die Nachbarn weniger störend als kindliches Faschingstreiben am Nachmittag?

Baubeginn in Heumaden für 2023 vorgesehen

Immerhin sind in Stuttgart keine weiteren Hallenentwidmungen wegen ähnlicher Mängel zu befürchten. Das ließ das Schulverwaltungsamt auf Anfrage erklären. Und weiter: Die als Alternativen für Rohracker empfohlenen Versammlungshallen in Oberürkheim und Wangen verfügten über Lüftungsanlagen. Von der ebenfalls ins Gespräch gebrachten Turn- und Versammlungshalle in Heumaden behauptet die Stadt dies zwar nicht. Dort wie in Wangen seien aber bei Brandverhütungsschauen in den Jahren 2015 bzw. 2016 beanstandete Mängel inzwischen behoben worden. Die Heumäder Halle soll durch einen Neubau mit Lehrschwimmbad ersetzt werden. Doch das dauert noch: „Der Baubeginn ist gegenwärtig für 2023 vorgesehen“, heißt es.

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