Radroute: Drei Kreisverkehre, zwanzig Monate Bauzeit

Stuttgart-Wangen/Hedelfingen … Die Hauptradroute 2 (HRR 2) von Stuttgart-Ost bis Hedelfingen ist in Wangen und Hedelfingen seit Jahren umstritten. Und das bleibt sie auch nach den jüngsten Berichten über den aktuellen Planungsstand. Das Projekt umfasst inzwischen zwei Kreisverkehre in Wangen und soll noch um einen dritten am Hedelfinger Platz erweitert werden. In knapp einem Jahr wird es in Wangen mit dem ersten von drei Bauabschnitten losgehen. Ab Juli 2022 steht der zweite Bauabschnitt bis zum Hedelfinger Platz auf dem Programm – geplantes Ende im März 2023. Bauabschnitt 3 entlang der Ulmer Straße von der Inselstraße in Wangen bis zur Wangener/Landhausstraße soll Ende 2023 abgeschlossen sein. Jetzt wurden die Bezirksbeiräte in Wangen und Hedelfingen auf den neuesten Stand gebracht. Wieviele Millionen verbaut werden, wurde nicht gesagt.

Im Planungsamt der Stadt Stuttgart hat man sich neben Planverfeinerungen auch „Begleitmaßnahmen” für die Hauptradroute ausgedacht. Die Verkehrsplaner Andreas Hemmerich und Martin Hasenäcker berichteten hierüber zunächst am 21. September in der öffentlichen Sitzung des Wangener Bezirksbeirates, am Folgetag auch gegenüber dem Hedelfinger Beirat. So sollen die Nähterstraße zwischen Langwiesenweg und Landhausstraße und der landwirtschaftliche Weg hinter dem Kodak-Areal zwischen Alosenweg und Kemptener Straße einen neuen Fahrbahnbelag erhalten. Entlang der Nähterstraße soll zudem die fehlende Beleuchtung ergänzt werden. Beides dient dazu, die beliebte Radverbindung zwischen Hedelfingen und Stuttgart-Ost so zu ertüchtigen, dass sie neben der mit Millionenaufwand zu errichtenden HRR 2 nicht allein als „Alternative” dienen kann. Vielmehr soll sie sogar zur „Freizeitroute” für Lust-und-Laune-Radler aufgewertet werden. Dass ausgerechnet für die weniger geübte Zielgruppe der für „Berufsradler” angeblich nicht zumutbare Höhenunterschied beim Aktivspielplatz Krempoli keine Rolle spielen soll, versteht nicht jeder. Insgeheim rechnen viele Bezirksbeiräte in Wangen und Hedelfingen sowieso damit, dass sich die Radfahrer mehrheitlich weiterhin für die ruhigere und sichere Route fernab des Autoverkehrs entscheiden werden. Die HRR 2 – so die Vermutung der Skeptiker – muss gebaut werden, weil die Stadtverwaltung und eine Mehrheit des Gemeinderats dies will. Ob sie von den Radlern angenommen wird, steht aber in den Sternen.

Zwei Kreisverkehre in Wangen

Fahrrad-Berufspendler sollen nach Ansicht der städtischen Verkehrsplaner die HRR 2 gerade deshalb nutzen, weil sie teilweise im Mischverkehr beziehungsweise unmittelbar neben dem Autoverkehr verlaufen wird. Das ist Stuttgarter Verkehrsphilosophie: Radfahrer, die direkt neben und mit Autos unterwegs sind, würden vom Autofahrer besonders beachtet und dürften sich daher in Sicherheit wiegen, so das Planungscredo. Hierüber wie über den Routenverlauf insgesamt wurde allerdings nicht mehr diskutiert. Wohl aber über zwei neu in die Pläne aufgenommene Kreisverkehre bei den Otto-Konz-Brücken. Der größere der beiden soll die ampelgeregelte Kreuzung der Brücke über die Hedelfinger zur Kemptener Straße ersetzen. Die Stadtbahn fährt dann – ampelgeregelt mit Vorrecht – mitten durch den Kreisverkehr und determiniert damit Wartezeiten für Auto-, Motorrad- und Radfahrer, was nach einer „Mikrosimulation” angeblich bestens klappen soll. Einen Bypass von der Hedelfinger Straße auf die Otto-Konz-Brücken soll der Kreisel nicht bekommen. Hierfür fehlt es schlicht am nötigen Platz, aber auch das Gefahrenpotential wird als zu hoch eingeschätzt. Begrüßt wurde von den Wangener Bezirksbeiräten die Einrichtung eines Z-Überweges über die Gleise vor der RAN-Tankstelle; auf der anderen Seite, bei OBI, gibt es bereits einen solchen Gleisüberweg.

Ein zweiter Kreisverkehr soll den Gefahrenpunkt zwischen Autohof und Aral-Tankstelle, Otto-Konz-Brücken und Kesselstraße entschärfen. Die Wangener Stadtbezirkspolitiker vermuten, dass hiermit auch für den städtischen Abfallbetrieb eine bessere Anbindung an dessen neuen und größeren Betriebshof an der Gingener Straße geschaffen werden soll.

Aufwertung des Hedelfinger Platzes

Den Hedelfinger Bezirksbeirat interessierte am 22. September vor allem die Umgestaltung des Hedelfinger Platzes zum Kreisverkehr und der innerörtliche Verkehrsfluss. Nach Ansicht von Verkehrsplaner Andreas Hemmerich dürfte ein Kreisverkehr am Hedelfinger Platz im Berufsverkehr ähnlich stark überlastet sein wie die heutige ampelgeregelte Kreuzung. Allerdings habe ein Kreisel außerhalb der Hauptverkehrszeiten „große Vorteile”. Unstreitig ist, dass sich an dem Verkehrsknotenpunkt Chancen zu einer deutlichen städtebaulichen Verbesserung ergeben. Auch für Fußgänger ließe sich die Situation verbessern. Hemmerich sagte in seinem Fazit zu, dass die Stadt jetzt eine Vorplanung für die Umgestaltung des Hedelfinger Platzes erarbeiten wird. Dafür stehen 100.000 Euro zur Verfügung.

Gemeinsam mit dem Stadtbezirk soll dann ein „schlüssiges Konzept” erstellt werden. Alle Verkehrsarten sollen darin einbezogen sein, eine städtebauliche Verbesserung ist erklärtes Ziel. Die Wohn- und Geschäftsnutzung an der Ortsdurchfahrt Hedelfingen soll verbessert werden; die Rohrackerstraße ließe sich auf zwei Fahrstreifen verengen. Zu den Randthemen, die noch näher zu beleuchten sind, gehören eine mögliche Unterbindung der Alosenweg-Durchfahrt, ein zweiter Haltestellenzugang vor dem Hedelfinger Platz, eine Durchfahrtsperre mit Ausnahme für den Bus auf der Amstetter Straße, ein Kreisverkehr am Knoten Mittelkai sowie B10-Vollanschlüsse für Wangen und Hedelfingen. Auch die Pläne für eine Neubebauung des Nill-Areals an der Hedelfinger Straße spielen bei alledem eine Rolle. Klar ist aber schon jetzt: Hedelfingen wird noch auf Jahre eine Großbaustelle bleiben.

Foto oben: Verlaufen die Bauarbeiten planmäßig, wird man ab Sommer 2022 hier auf zwei Kreisverkehre schauen.

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